Sergei Lawrow ist auf Reisen. Erst Budapest, jetzt Wien, dann Rom. Sicher sind das nicht die ersten europäischen Hauptstädte, die der russische Chefdiplomat seit 2014 und dem Absturz des russischen Verhältnisses zum freien Westen besucht.
Er war bei politischen Temperaturen ziemlich unter Null in den vergangenen zwei Jahren auch in Athen, Madrid, Paris, Helsinki, Bonn oder Reykjavik.
Aber jetzt tourt er binnen fünf Tagen gleich durch drei EU-Länder. Den Ungarn fühlen sich die Russen aufgrund gewisser rechtsautoritären Gemeinsamkeiten der politischen Kultur nahe, Italiener und erst recht Österreicher aber gelten ihnen ob ihres ausgeprägten Pragmatismus als geschäftliche Lieblingspartner.
Und man könnte jetzt ähnlich laut wie der inhaftierte Oppositionsführer Alexei Nawalny über den Kreml als korrumpierenden Faktor für das Establishment Mittel- und Westeuropas nachdenken.
Aber nachweislich ist nur, dass sich Russland reisediplomatisch um die Wiederherstellung seines durch Annexion, hybriden Krieg und massiven Giftmordverdacht beschädigten Rufs bemüht. Und auch wenn Lawrow nach weichen Stellen in der Front seiner europäischen Gegnerschaft tasten mag, ist fraglich, ob der russische Chefdiplomat mit seinen Bärbeissigkeiten gegen den EU-Außenbeauftragtem Josep Borrell im Besonderen oder die internationale Politik des Westens im Allgemeinen wirklich groß punkten wird.
Erst wenn Russlands Außenminister wieder Einladungen aus seiner unmittelbaren Nachbarschaft in Polen, dem Baltikum oder gar der Ukraine bekommen wird, kann man in Moskau außenpolitische Normalität feiern. Und es bleibt abzuwarten, ob dieser Außenminister noch Lawrow heißen wird, in Moskau wird seit längerem über Amtsmüdigkeit des 71jährigen spekuliert. Aber bis auf weiteres ist er weiter unterwegs, im Oktober will Lawrow nach Schweden und Norwegen.