Die EU-Außenminister beraten heute Nachmittag in einer Krisensitzung über die Lage in Afghanistan. Außenminister Alexander Schallenberg erklärte im Vorfeld: "Angesichts der sich rasant überschlagenden und dramatischen Ereignisse" sei jetzt eine "enge Koordination zwischen den EU-Partnern essenziell." Der Westen stehe vor einem "Scherbenhaufen". Die Stärke der Taliban sei "völlig falsch eingeschätzt" worden.

Noch rund 25 Österreicher befinden sich weiterhin in Afghanistan und wollen das Land nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban verlassen.

Seit gestern hätten sich weitere österreichische Staatsbürger beim Außenministerium und der für Afghanistan zuständigen österreichischen Botschaft in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad gemeldet, teilte das Außenministerium mit. Am Vortag war von rund 15 Österreichern die Rede. Diplomatisches Personal hatte Österreich keines im Land, Afghanistan wird von Islamabad aus betreut.

Video-Konferenz

EU-Außenbeauftragter Josep Borrell setzte angesichts der jüngsten Entwicklungen eine Video-Konferenz an. Die EU-Staaten versuchen nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban laut Borrell, die Evakuierung von Personal aus Afghanistan zu beschleunigen. Zuvor werden auch die Botschafter der NATO-Mitgliedstaaten zu einer Krisensitzung zusammenkommen.

Nach Angaben von Diplomaten forderten Vertreter der EU-Kommission die Mitgliedstaaten auf, Visa an die 500 bis 600 afghanischen Mitarbeiter der EU-Vertretung in Kabul und ihre Familienangehörigen zu vergeben. Angesichts der chaotischen Lage in Kabul war aber unklar, wie alle Ortskräfte an den Flughafen gelangen sollten, von dem aus die Evakuierungsflüge starten. Die Taliban hatten am Sonntag die afghanische Hauptstadt Kabul erobert und die Macht übernommen. Die afghanische Regierung räumte ihre Niederlage ein, Präsident Ashraf Ghani floh ins Ausland.