Dörfer, Wälder, Felder: Erbarmungslos fressen sich die Flammen weiter durch Südeuropa und Russland. Aussicht auf Entspannung gibt es in allen betroffenen Staaten vorerst nicht – im Gegenteil. Süd- und Südosteuropa erwartet die nächste Hitzewelle.


„Il grande caldo“ – so wird diese bereits in Italien genannt. Für die Hauptstadt Rom werden 38 Grad prognostiziert. Auf bis zu 45 Grad sollen die Temperaturen im Süden des Landes ansteigen. Die Italiener ächzen jetzt schon unter der Hitze. Der italienische Zivilschutz ist vor allem wegen der Gefahr weiterer Wald- und Buschbrände besorgt. Seit Wochen fällt kein oder kaum Regen im Land, vor allem im Süden sind zahlreiche Feuer ausgebrochen oder von Menschenhand gelegt worden – ein Ende ist nicht in Sicht. Die Feuerwehr meldete knapp 44.500 Einsätze zwischen dem 15. Juni und dem 7. August. Im vergangenen Jahr waren es im selben Zeitraum etwas mehr als 26.000 Einsätze.


Die meisten Brände gibt es im Süden des Landes, vor allem auf Sizilien und in Apulien, aber auch in Kalabrien. Dort kamen in den vergangenen Tagen zwei Menschen wegen der Feuer ums Leben. Auf Sizilien brennen Wälder in den Nationalparks der Madonien und der Nebrodi-Berge, aber auch in der Gegend um Palermo. Auch in Kampanien brannte es. Am Vesuv bei der Stadt Torre del Greco gingen zehn Hektar Pinienwald in Flammen auf.


Besonders betroffen ist auch das schwer zugängliche Aspromonte-Gebirge in Kalabrien bei San Luca. Hier brennen seit Tagen Wälder, in Gefahr ist nun auch ein erst kürzlich in das Unesco-Welterbe aufgenommener Buchenwald, die sogenannten Foreste Vetuste. Leo Autelitano, Präsident des Naturschutzgebiets Aspromonte, bat Ministerpräsident Mario Draghi um Hilfe. „Notfalls werden wir auch um den Einsatz des Militärs bitten, um gegen diesen katastrophalen Notstand anzugehen“, schrieb er in einem Appell. „Es ist ein Kampf gegen die Zeit“, sagte Autelitano. Die Regierung veranlasste, dass der Zivilschutz aus anderen Gegenden Italiens zur Hilfe nach Kalabrien entsandt wird.

Ob die Brände mit der dichten Mafia-Präsenz in der Gegend zusammen hängen, ist unklar.Der Ort San Luca im Aspromonte-Gebirge, in dessen Nähe sich die geschützten Buchenwälder befinden, ist für einen Mafia-Krieg zwischen verfeindeten ‘Ndrangheta-Clans berüchtigt, der 2007 in einem sechsfachen Mord in Duisburg gipfelte. Nach Angaben der italienischen Polizei sind für 98 Prozent der Brände Menschen verantwortlich, oft handelt es sich um Brandstiftung. Angesichts der hohen Temperaturen in den kommenden Tagen warnte der Chef des italienischen Zivilschutzes, Fabrizio Curcio, vor weiteren Feuern.


In der Emilia-Romagna brannte westlich von Rimini bei Sogliano al Rubicone ein ganzer Wald ab, 20 Hektar Fläche wurden zerstört. Besonders dramatisch war auch die Lage an der Adriaküste weiter südlich. Bis zu 500 Menschen wurden bei Campomarino Lido in der Region Molise evakuiert. Die Behörden forderten die Menschen, viele von ihnen Touristen, wegen der sich nähernden Feuer auf, ihre Wohnungen, Hotels und Campingplätze zu verlassen.

Griechenland: Flucht an die Strände

Seit sieben Tagen brennen sich Feuerwalzen durch die Wälder im Norden der zweitgrößten griechischen Insel Euböa, aber den Feuerwehren gelang es bisher nicht, die Flammen entscheidend einzudämmen. Unterdessen beginnt eine Diskussion über die Ursachen der Katastrophe. Die Regierung des konservativen Premiers Kyriakos Mitsotakis kommt politisch immer mehr unter Druck.


Dramatische Szenen spielten sich in der Nacht zum Montag auf Euböa ab: Bewohner flüchteten vor den herannahenden Flammen aus ihren Dörfern an die Strände und wurden dort von Fischerbooten und Fähren aufgenommen, weil alle anderen Fluchtwege versperrt waren. Seit Tagen laufen diese Rettungsaktionen. Über 40 Dörfer wurden bereits geräumt, Tausende Menschen sind obdachlos. Viele kamen bei Freunden unter, andere wurden kostenlos in Hotels einquartiert oder nächtigen auf Feldbetten in Sporthallen. Alle hoffen, dass ihre Häuser noch stehen, wenn sie zurückkehren können. Ein tragischer Lichtblick: Auf Euböa ist inzwischen so viel Wald verbrannt, dass die Feuer keine Nahrung mehr finden und von selbst verlöschen – etwa, wenn die Flammen die Küste erreichen.

Türkei: Wohngebiete außer Gefahr 

Die Lage in den von Waldbränden betroffenen Küstenregionen der Türkei habe sich entspannt. Forstminister Bekir Pakdemirli hatte am Sonntag noch von fünf unkontrollierten Bränden in der Provinz Mugla gesprochen. Wohngebiete seien aber nicht mehr bedroht, sagte er.

USA: „Dixie Fire“ breitet sich aus 

Das seit Juli in Nordkalifornien wütende „Dixie Fire“ breitet sich weiter aus. Tausende Menschen flohen vor den Flammen, 400 Häuser wurden zerstört. Mit einer verbrannten Fläche von mehr als 198.000 Hektar ist das Feuer das zweitgrößte in der Geschichte Kaliforniens.

Russland: Ganze Dörfer und Städte versinken im Rauch

42 Brände auf einer Gesamtfläche von rund 3,7 Millionen Hektar wüten derzeit in Russland. Ganze Dörfer und Städte versinken im Rauch. Der Qualm zieht bis weit in den Süden Russlands. Im Kampf gegen die Waldbrände ist die Zahl der Einsatzkräfte verstärkt worden. In der besonders betroffenen Region Jakutien sind 500 weiterer Helfer hinzugekommen.