Eigentlich wäre in diesen Tagen im AKW Krško das Licht ausgegangen. Zum 40. Geburtstag wollte man das 70 Kilometer von der österreichischen Grenze liegende Kernkraftwerk abdrehen. So wurde das bei der Inbetriebnahme 1981 angekündigt. Aber von einem Ende der Atomkraft ist man im Nachbarland weiter entfernt denn je. Die Laufzeit von Krško soll bis 2043 verlängert werden, gleichzeitig wurden in den letzten Tagen konkrete Schritte in Errichtung eines zweiten Reaktorblocks gesetzt. Geplant ist eine Anlage mit modernem Druckwasserreaktor mit einer Leistung von 1100 MW, die jährlich fast 9000 Gigawattstunden Strom erzeugt. Die Lebensdauer soll 60 Jahre betragen.
In der Vorwoche wurde eine Klimastrategie bis 2050 verabschiedet, die das Land langfristig auf Kernkraft festlegt – mit dem Argument der Klimaneutralität. Gestern dann der nächste Schritt: Infrastrukturminister Jernej Vrtovec verkündete, dass sein Haus eine Energiegenehmigung erteilt habe. „Das ist keine endgültige Entscheidung für die Investition“, sagte er. Formal kann das Unternehmen Gen Energija nun aber das Genehmigungsverfahren einleiten. Fragen der Umwelt, Technologie, Raumplanung und Wirtschaftlichkeit werden darin behandelt. „Erst wenn wir breiten gesellschaftlichen Konsens über die Kernkraft haben, werden wir den Standort und die Technologie festlegen“, wird Vrtovec in slowenischen Medien zitiert. Eine Volksabstimmung über das zweite AKW schloss er nicht aus. Dass man einen zweiten – völlig neuen – Standort für ein Kernkraftwerk in Slowenien wird finden können, ist allerdings so gut wie auszuschließen.
Vergebliche Protestnoten aus Wien
Völlig neu sind die Pläne Sloweniens nicht. Seit gut 15 Jahren taucht immer wieder die Idee eines weiteren Reaktors in Krško auf – und sorgt für dicke Luft auf dem politischen und diplomatischen Parkett. Von Bundespräsident Alexander Van der Bellen abwärts gab es klare Ablehnung. „Wir verzichten seit 40 Jahren auf Kernenergie“, sagte Van der Bellen einmal in Präsenz von Sloweniens Staatspräsident Borut Pahor – um dann dessen verteidigende Reaktion zu ignorieren. Selbst Brigitte Bierlein hat als Kanzlerin einer Beamtenregierung Protestnoten auf bilateraler Ebene eingelegt.
In Slowenien freilich ist die Kernkraft mehr oder weniger unumstritten, „weil wir positive Erfahrungen damit gemacht haben“, wie Ex-Premier Marjan Šarec einmal der Kleinen Zeitung sagte. Der liberale Oppositionsführer übte aktuell zwar Kritik am Prozess der Erarbeitung der Klimastrategie, inhaltlich liegt er mit dem Regierungschef Janez Janša auf Linie und befürwortet ein zweites AKW.
Dass man in Slowenien – wie auch in Kroatien, das 50 Prozent der Anteile am AKW hält – der Kernkraft so vertraut, hat auch historische Gründe. Im Gegensatz zu anderen Meilern an Österreichs Ostgrenze, steht in Krško ein Druckwasserreaktor der amerikanischen Firma Westinghouse. Als blockfreier Staat konnte Jugoslawien die westliche Technologie bereits Anfang der 1980er importieren, seither werden in beiden Staaten bis zu 25 Prozent des Energiebedarfs durch Kernkraft gedeckt.
AKW Krško liegt in Erdbebengebiet
Dass es in den letzten Jahren im nur 40 Kilometer entfernten Zagreb zu verheerenden Erdbeben kam, irritierte in Slowenien nur am Rande. Risikoforscher Wolfgang Kromp forderte zwar, dass man das Kraftwerk ob seiner Lage unmittelbar an der Save abdrehen müsste, blieb aber ein weitgehend einsamer Mahner.
Weit unklarer als die Strategie für den Ausbau der Kernkraft ist jene über den Umgang mit ihren Überresten. Bis heute haben weder Slowenien noch Kroatien Endlager errichtet, in denen die mittlerweile mehr als 1000 verbrauchten Brennstäbe für die nächsten 240.000 Jahre gelagert werden können.