Weil sie ein Kinderbuch über eine sogenannte Regenbogen-Familie nicht mit einem Warnhinweis an Eltern versehen hat, muss eine Firma in Ungarn umgerechnet 700 Euro Strafe zahlen. Der Verlag, in dem das Buch erscheint, betonte: "Jede Familie hat das Recht, dass es über sie ein Märchen gibt." Ungarn steht wegen seines Umgangs mit Homosexuellen am Pranger. Am Donnerstag tritt im Land ein umstrittenes Gesetz zur Beschränkung der Information über Homo- und Transsexualität in Kraft.
Bei dem betroffenen Buch handelt es sich um die ungarische Übersetzung des Märchens "Early One Morning" des US-Autors Lawrence Schimel. Darin geht es um eine Familie mit gleichgeschlechtlichen Eltern.
Traditionelle Geschlechterrollen
In dem Buch fehle der Hinweis, dass darin Geschichten erzählt würden, die nicht die "traditionellen Geschlechterrollen" abbildeten, sagte der Landrat Richard Tarnai am Dienstag im Sender HirTV. Indem sie das Buch wie andere Märchenbücher behandelt habe, habe die Firma gegen das Gesetz verstoßen, erklärte Tarnai. Deshalb müsse sie ein Bußgeld in Höhe von 250.000 Forint (700 Euro) zahlen.
Der Verlag, in dem das Buch erscheint, wehrte sich gegen die Vorwürfe. Auf der Facebook-Seite des Verlags hieß es: "Regenbogen-Familien sind völlig normal." Zudem sei die Sexualität der Eltern kein Thema in dem Buch.
Neues Homosexuellen-Gesetz
Der Fall wurde inmitten einer heftigen Debatte um das neue Homosexuellen-Gesetz in Ungarn bekannt. Das Gesetz, das am Donnerstag in Kraft tritt, untersagt unter anderem Bildungsprogramme oder Werbung von Großunternehmen, die sich mit Homo- und Transsexuellen solidarisch erklären. Auch Aufklärungsbücher dazu soll es nicht mehr geben. Offizielles Ziel ist der Schutz von Minderjährigen, Aktivisten sprechen von einem Schlag gegen die LGBTIQ-Gemeinde.
Kritik der EU
Das von der rechtsnationalistischen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban forcierte Gesetz war im Ausland massiv kritisiert worden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte mit rechtlichen Schritten, EU-Abgeordnete forderten am Mittwoch die Kürzung von Geldern für Budapest. Die ungarische Regierung warf ihrerseits Brüssel eine "beispiellose Kampagne" vor. Ihren Angaben zufolge soll das Gesetz lediglich Eltern die Entscheidung darüber "zurückgeben", wie ihre Kinder erzogen werden