Weil sich Ministerpräsident Janez Jansa darüber beschwerte, dass die Justiz in seinem Land von Sozialdemokraten unterwandert sei, boykottierte der für den Klimaschutz zuständige EU-Kommissionsvize Frans Timmermans am Donnerstag in Brdo das traditionelle Gruppenfoto.
Foto gezeigt
Jansa hatte zuvor bei dem Treffen mit der EU-Kommission ein Foto hergezeigt, das Richter gemeinsam mit sozialdemokratischen Politikern zeigt, wie ein Teilnehmer der Runde berichtete. Das Foto sollte demnach zeigen, dass die Justiz von Linken infiltriert sei. Daraufhin verweigerte der niederländischer Sozialdemokrat Timmermans das gemeinsame Gruppenbild. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte laut dpa nach Angaben von Teilnehmern, dass Richter durchaus eine Biografie haben dürften und dass man mit ihnen respektvoll umgehen müsse, auch wenn sie eine andere politische Meinung hätten.
"Ich konnte einfach nicht auf demselben Podium mit Ministerpräsident Jansa stehen nach seinem inakzeptablen Angriff und der Verleumdung von zwei Richtern und zwei sozialdemokratischen Europaabgeordneten", sagte Timmermans anschließend gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". Ein Sprecher der slowenischen Präsidentschaft wollte sich laut dpa zunächst nicht zu dem Vorfall äußern.
Mahnung zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den slowenischen EU-Ratsvorsitz zuvor zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit ermahnt. Die Präsidentschaft spiele eine wichtige Rolle bei den aktuellen Rechtsstaats-Dossiers, sagte von der Leyen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa am Donnerstag in Ljubljana. "Vertrauen ist unser wertvollstes Gut."
Von der Leyen forderte Vertrauen in solide Institutionen, unabhängige Justiz und Medien sowie in Meinungsfreiheit und Achtung von Diversität und Gleichberechtigung. Jansa hatte sich in dem Konflikt um die Verknüpfung von Rechtsstaatlichkeit mit dem EU-Budget auf die Seite von Polen und Ungarn gestellt. Zu seiner Zielscheibe gehören auch regelmäßig heimische und ausländische Journalisten, Verfassungsrichter, Europapolitiker und Diplomaten.
Die Verzögerung bei der Entsendung der slowenischen Staatsanwälte an die neue Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) kritisierte die EU-Kommissionschefin scharf. "Slowenien muss liefern und mit der EPPO kooperieren", sagte von der Leyen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Jansa. Dieser stellte den Abschluss des neuen Nominierungsprozesses bis Herbst in Aussicht.
"Slowenien hat seine eigene Gesetzgebung", betonte der konservative Ministerpräsident. Der Nominierungsprozess werde wiederholt. Viele andere EU-Staaten wie Schweden, die nicht an der EPPO teilnehmen, würden nicht wegen Missbrauchs der EU-Gelder am Pranger stehen, kritisierte Jansa weiter. Zuletzt hatte Jansa die Blockade damit begründet, dass die Staatsanwaltschaft in der Vergangenheit immer wieder falsche Anschuldigungen gegen Politiker aus seinem rechtsnationalen Lager erhoben habe.
Die EPPO nahm Anfang Juni in Luxemburg unter der Leitung der rumänischen Korruptionsjägerin Laura Kövesi offiziell ihre Arbeit auf. Die EU-Behörde soll Straftaten im Zusammenhang mit dem EU-Budget wie Betrug und Korruption sowie schweren grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug untersuchen, strafrechtlich verfolgen und vor Gericht bringen. Kövesi bezeichnete das Verhalten Jansas als "Sabotage".
Slowenien hat am Donnerstag bis zum Jahresende die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union übernommen. Topthema ist die Überwindung der Corona-Pandemie und ihrer schweren wirtschaftlichen Folgen. Die Umsetzung des milliardenschweren Wiederaufbaufonds sowie der Aufbau einer Gesundheitsunion stehen an. Wichtig werden die EU-Erweiterung sowie die Themen Klimaschutz, Digitalisierung und Migration. Den Höhepunkt bildet der Gipfel Anfang Oktober zum Westbalkan.
Die 27 EU-Staaten wechseln sich alle sechs Monate in der Präsidentschaft ab. Slowenien übernahm am Donnerstag von Portugal und gibt mit 1. Jänner dann an Frankreich ab. Das Vorsitzland leitet die Sitzungen der Ministerräte, die für die Gesetzgebung zuständig sind.