Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven musste sich einer Misstrauensabstimmung im Parlament stellen - und verlor. Der Chef der Sozialdemokraten führte eine Minderheitsregierung mit den Grünen an, die einen Pakt mit den Liberalen und der Zentrumspartei eingegangen ist. Zudem setzte Löfven im Parlament auf die Unterstützung der Linkspartei. Die hat nun aber gemeinsam mit anderen Parteien einen Misstrauensantrag der rechtspopulistischen Schwedendemokraten unterstützt.
Mit der Linkspartei, die Löfven bisher in vielen Fragen unterstützt hat, hat sich der Regierungschef wegen eines Streits über Mietpreise überworfen. Doch die Kritik am Regierungschef ist schon länger da.
Die Christdemokraten stört nach Angaben ihrer Vorsitzenden Ebba Busch das schlechte Vorgehen der Regierung gegen Kriminalität und Arbeitslosigkeit. Die Moderaten, die neben Löfvens Sozialdemokraten traditionell die stärkste Kraft im Reichstag in Stockholm stellen werfen Löfven vor zu versagen. "Schweden entwickelt sich seit mehreren Jahren in die falsche Richtung", erklärte Parteichef Ulf Kristersson. Die Moderaten wollen die Regierung austauschen und Schweden auf einen neuen Kurs bringen.
Als Löfven 2014 erstmals schwedischer Ministerpräsident wurde, war er erst kurz zuvor als Vorsitzender der mächtigen Metaller-Gewerkschaft IF zurückgetreten und hatte sich bereit erklärt, Parteivorsitzender der Sozialdemokraten zu werden.
Fast sieben Jahre Regierungschef
Die Schweden hatten einen verhandlungsstarken Ministerpräsidenten mit Kompromissfähigkeit, die er in seinen fast sieben Jahren als Regierungschef ständig unter Beweis stellen musste. Obwohl er während seiner beiden Regierungszeiten nie eine Mehrheit im schwedischen Parlament hatte, überlebte der 63-Jährige politisch und blieb an der Macht. Kritiker erklären sich das damit, dass Löfven ein Opportunist sei.
So war es auch just der sozialdemokratische Premier, der bei mehreren EU-Gipfeln eine strengere Flüchtlingspolitik forderte, obwohl Löfven vor der Flüchtlingswelle von 2015 stets erklärt hatte: "Mein Europa baut keine Mauern!" Schweden war über Jahrzehnte das Musterland internationaler Hilfsbereitschaft, als humanitäre Supermacht geschätzt, doch die hat mit den Jahren tiefe Risse bekommen. Von der Schubumkehr einer liberalen Großmacht war plötzlich die Rede. Schweden war viele Jahre allerdings auch jenes EU-Land, das im Verhältnis zur Bevölkerungszahl am meisten Asylanträge verzeichnete.
Das Königreich mit 9,8 Millionen Einwohnern war lange Zeit führend in der Flüchtlingsaufnahme. Doch dann drohte das Aufnahmesystem zu kollabieren und selbst rot-grüne Kommunen weigerten sich, mehr Flüchtlinge aufzunehmen.
Auch Schwedens Sonderweg in der Pandemie wird Löfven bis heute negativ angelastet. Für seinen Sonderweg - wenig Einschränkungen, viele Infizierte, überlastete Intensivstationen, viele Tote - zahlt Schweden einen hohen Preis, von dem die Wirtschaft kaum profitiert. Während andere Länder in Europa langsam zur Normalität zurückkehren, verharrt das skandinavische Land nach wie vor in einem Erschöpfungszustand. Das verunsichert die Bevölkerung. Vonseiten der Wissenschaft wächst die Wut auf den Kurs der Regierung samt ihrer Gesundheitsbehörde FHM. Bis jetzt stand Löfven das alles durch. Er ist ein Kämpfer. Das war bei ihm schon von klein auf so.
Zehn Monate nach seiner Geburt kam er als Pflegekind zu einer Arbeiterfamilie. Erst mit Anfang 20 lernte er seinen Bruder kennen. Den Schulabschluss machte Löfven in einem wirtschaftskundlichen Gymnasium und absolvierte danach eine Schweißer-Lehre. Einige Semester studierte er an der Sozialhochschule in Umeå, was er letztlich aber bleiben ließ. Löfven ist verheiratet, aber kinderlos.
Nach dem verlorenen Misstrauensantrag tritt Löfven nun entweder mitsamt seiner Regierung zurück oder er ruft innerhalb einer Woche Neuwahlen aus. Wie er sich entscheidet, ist noch offen.