Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat die Regierungschefs der Westbalkan-Staaten heute für Gespräche über die Migration zu einem Gipfel in das Bundeskanzleramt nach Wien eingeladen. Den Abschluss bildet am Abend der Besuch des Sommernachtskonzerts in Schönbrunn.
Teilnehmer dieser Westbalkan-Konferenz sind die Ministerpräsidentin von Serbien, Ana Brnabic, der Premierminister von Nordmazedonien, Zoran Zaev, der Vorsitzende des Ministerrates von Bosnien-Herzegowina, Zoran Tegeltija, der Premierminister von Montenegro, Zdravko Krivokapic und der Premierminister des Kosovo, Albin Kurti sowie der EU-Sonderbeauftragte Miroslav Lajcak.
Die Pressekonferenz verspätete sich um fast eine Stunde, geplant war sie für 12.15 Uhr.
Gleich zu Beginn der Pressekonferenz betonte Kurz, wie wichtig die Region des Westbalkans für Österreich sei. Es gebe eine gewachsene historische und persönliche Verbundenheit zwischen Österreich und den Staaten des Westbalkan.
Kurz erklärte, es seien am Vormittag drei Themen besprochen worden:
- Die gemeinsame Bekämpfung der Pandemie.
Sämtliche Reiseregeln innerhalb der EU, wie etwa der Grüne Pass, sollen auch mit den Westbalkan-Staaten koordiniert werden, kündigte Kurz an. Und: Österreich wird ab August eine Million Corona-Impfdosen an die Westbalkan-Staaten liefern. Die Impfstoff-Spende sei mit dem Gesundheitsministerium akkordiert, hieß es ergänzend aus dem Bundeskanzleramt. Am Anfang soll es sich vor allem um Dosen des Impfstoffherstellers AstraZeneca handeln. Österreich hat bereits die Verteilung von 651.000 Dosen des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs koordiniert, welche die EU für die Westbalkan-Staaten bestellt hat. - Die Beitrittsperspektive der Staaten des Westbalkan.
- Der Kampf gegen die illegale Migration
Der EU-Sonderbeauftragte Miroslav Lajcak erklärte danach in seinem Statement: Einerseits sei die EU der größte Investor und Handelspartner des Westbalkan, andererseits erweise sich die EU als Helfer in der Pandemie. Gleichzeitig aber, monierte Lajcak, gehe bei den Beitrittsverhandlungen nichts weiter.
Der Premier von Nordmazedonien, Zoran Zaev, erklärte: "Diese Konferenz ist auch wichtig für die Zukunft Europas." Und den Westbalkanstaaten gebe es eine Perspektive, die diese dringend brauchen, denn "der Westbalkan ist müde". Mit Griechenland habe Nordmazedonien bereits bewiesen, dass Missverständnisse auszuräumen sind. Man sei nun NATO-Mitglied und werde auch der EU beitreten, erklärte Zoran Zaev.
Der Premierminister von Montenegro, Zdravko Krivokapic, erklärte: "Die Diktatoren schicken wir zurück in die Vergangenheit." Denn diese Menschen hätten Länder wie Montenegro gelähmt.
Spezialthema Migration
Kurz hatte bereits im Vorfeld erklärt: "Gemeinsam bekennen sich die Westbalkan-Staaten auch bei der Konferenz zum gemeinsamen Kampf gegen illegale Migration. Das ist gerade vor dem kommenden Sommer sehr wichtig." Experten des Innenministeriums gehen davon aus, dass im Gefolge des Abbaus der Covid-Einschränkungen der Migrationsdruck in Richtung EU wieder zunehmen wird. Rund 80.000 illegale Migranten würden sich derzeit in Griechenland und den Westbalkan-Staaten befinden, hieß es aus dem Bundeskanzleramt.
Der Bundeskanzler verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngste Initiative von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in der Region, um Migranten mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit direkt aus Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Serbien in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. "Wir haben einen umfassenden Rückführungsplan erarbeitet und unterstützen die Balkan-Staaten dabei, Rückführungen zu organisieren. Denn ein Großteil der Menschen, die derzeit dort aufhältig sind, hat ohnehin kein Recht auf Asyl in Europa", erklärte Nehammer in einem Statement zu dem Gipfel.
Kurz versicherte den Staaten des Westbalkans "volle Unterstützung" Österreichs bei ihrem Weg in die EU sowie beim Kampf gegen die Pandemie. "Im letzten Jahr hat sich die EU bedauerlicherweise zu wenig mit der EU-Annäherung dieser so wichtigen Nachbarregion beschäftigt", bedauerte Kurz. "Die EU wird erst vollständig sein, wenn alle Staaten des Westbalkans beigetreten sind."
Die Paneuropabewegung Österreich wertete die Konferenz als positives Zeichen, dass Österreich seiner traditionellen Rolle als starker Verbündeter der Staaten Südosteuropas weiterhin gerecht werde. Seitdem die EU diesen Staaten 2003 eine Beitrittsperspektive gegeben habe, seien die Fortschritte bescheiden, sagte Rainhard Kloucek, Generalsekretär der Paneuropabewegung Österreich. Die EU-Staaten seien strategisch zu wenig geeint und würden, wie etwa Frankreich oder die Niederlande, in Wahrheit Innenpolitik machen, wenn sie konkrete Annäherungsschritte verhindern. Es brauche "eine klare strategische Perspektive, um endlich die Erweiterung in Angriff zu nehmen".