Die rechtspopulistische Kandidatin Keiko Fujimori liegt laut einer ersten Prognose nach der Stichwahl um das Präsidentenamt in Peru am Sonntag knapp vor dem linksgerichteten Bewerber Pedro Castillo. Dem Umfrageinstitut Ipsos zufolge kam Fujimori auf 50,3 Prozent der Stimmen, während Castillo 49,7 Prozent erreichte. Es handle sich jedoch um einen "statistischen Gleichstand", erklärte Ipsos.

Die Prognose wurde veröffentlicht, nachdem die Wahllokale um 19.00 Uhr Ortszeit (02.00 Uhr MESZ) schlossen.

In den letzten Umfragen lagen beide Kandidaten dicht beieinander. Die 46-jährige Fujimori, Tochter des früheren Präsidenten Alberto Fujimori, bewirbt sich bereits zum dritten Mal um das höchste Staatsamt. 2011 und 2016 landete sie in der Stichwahl jeweils knapp hinter ihren Konkurrenten. Fujimori steht in der weitverzweigten Affäre um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht unter Korruptionsverdacht und verbrachte insgesamt 16 Monate in Untersuchungshaft.

Der 51-jährige Gewerkschafter und Lehrer Castillo war als Überraschungssieger aus der ersten Wahlrunde im April hervorgegangen. Er hatte 2017 landesweit Bekanntheit erlangt, als er einen Lehrerstreik anführte. Castillo genießt vor allem in ländlichen Regionen starken Rückhalt. Castillo will im Fall eines Wahlsiegs einen sozialistischen Staat aufbauen, die Medien stärker kontrollieren und das Verfassungsgericht abschaffen.

Indigene zwangssterilisiert

Fujimori, steht für eine neoliberale Wirtschaftspolitik und eine Sicherheitsstrategie der harten Hand. Ihr Vater verbüßt wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen eine 25-jährige Haftstrafe. In seiner Amtszeit (1990-2000) ließ er die Sicherheitskräfte rigoros gegen linke und angeblich subversive Kräfte vorgehen, das Parlament wurde entmachtet. Zudem wurden Zehntausende indigene Frauen zwangssterilisiert. Im Fall eines Wahlsiegs will Fujimori ihren Vater begnadigen.

Folgen der Pandemie

Die Herausforderungen für den neuen Präsidenten oder die neue Präsidentin sind enorm: Peru leidet besonders stark unter der Corona-Pandemie. Es gehört zu den Ländern mit der höchsten Sterblichkeitsquote weltweit, zudem brach die Wirtschaft um 12,9 Prozent ein. Im Landesinneren sind außerdem noch immer Splittergruppen der Guerillaorganisation Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) aktiv. Vor zwei Wochen hatten Rebellen in den Tälern der Flüsse Apurímac, Ene und Mantaro bei einem Massaker 16 Menschen getötet und in einem Pamphlet zum Boykott der Wahl aufgerufen. Am Sonntag blieb es nach Angaben des Wahlamtes zunächst allerdings ruhig.

Das vergangene Jahr war zudem von einem erbitterten Konflikt der Regierung mit dem Kongress geprägt. Zunächst drängten die Parlamentarier Präsident Martín Vizcarra aus dem Amt, dann warf dessen Nachfolger Manuel Merino nach heftigen Protesten das Handtuch. Zuletzt wurde das südamerikanische Land von Übergangspräsident Francisco Sagasti geführt.