Obwohl die national-religiöse Partei Yamina lediglich sieben Mandate bei den vergangenen Wahlen erhielt, könnte ihr Chef der nächste Premierminister Israels werden. Naftali Bennett ist ein ungewöhnlicher Kandidat: religiös, ultrarechts und High-Tech-Multimillionär.

Geboren wurde Bennett in der Hafenstadt Haifa 1972 als Sohn von US-Einwanderern. Nicht nur sein Englisch ist amerikanisch gefärbt, er ist auch überzeugter Anhänger einer freien Marktwirtschaft à la Amerika.

Der Chefsessel war der Preis, den der 49-Jährige verlangte, um sich auf eine Einheitsregierung einzulassen, durch die die tiefe politische Krise überwunden werden soll, in der Israel seit mehr als zwei Jahren steckt. Erst als zweiter dürfte der jetzige Oppositionsführer Yair Lapid von Yesh Atid das Amt übernehmen. Die Koalition aus linken, rechten, Zentrums- und vielleicht sogar einer arabischen Partei könnte die erste ihrer Art sein.

Bennett erkannte am Montag an, dass es für alle Beteiligten schwer sei, sich darauf einzulassen. „Die Linken machen keinen leichten Kompromiss, wenn sie mir die Rolle des Premierministers überlassen.“ In der Tat. Ihre Ideologien könnten kaum verschiedener sein. Während Parteien wie Meretz noch immer an eine Zweitstaatenlösung glauben, bezeichnet der Vorsitzende von Yamina dies als „Israels Selbstmord“.

Viel Regierungserfahrung

Bennet betrat das politische Parkett 2013 mit seiner Pro-Siedlungs-Partei und wurde zum „natürlichen Koalitionspartner“ des Likud. Er hatte verschiedene Regierungsposten inne, vom Bildungs- über Wirtschafts- bis zum Verteidigungsminister. Besonders im Bereich jüdische Siedlungen auf Palästinensergebiet ist er absoluter Hardliner. Als Premier Benjamin Netanyahu wiederholt eine Annexion von Teilen des palästinensischen Westjordanlandes durch Israel vorschlug, war Bennett begeistert.

Derzeit schlägt er diplomatisch gemäßigtere Töne an. Vor allem gehe es jetzt darum, die Pandemie zu überwinden, die Wirtschaft zu stärken und zu nationaler Einheit zu gelangen. Tiefgreifende politische Entscheidungen müssten hintanstehen.

Er lebt mit seiner Ehefrau Galit, einer Konditorin, und ihren vier Kindern in dem schicken Tel Aviver Vorort Raanana. Arbeiten müsste Bennett eigentlich nicht mehr. Seit dem Verkauf seines High-Tech-Unternehmens vor 16 Jahren ist er Dollar-Multimillionär und hat ausgesorgt.