Angesichts der nur noch langsam wachsenden Bevölkerung ändert China seine strikte Geburtenpolitik. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag nach einer Sitzung des Politbüros unter Vorsitz von Präsident Xi Jinping berichtete, soll es verheirateten Paaren künftig erlaubt sein, bis zu drei Kinder zu haben.
Erst 2016 hatte China die jahrzehntelange Ein-Kind-Politik abgeschafft - in der Hoffnung, die Zahl der Babys zu erhöhen. Seither wird offiziell eine Zwei-Kind-Politik vertreten.
Hintergrund für den Sinneswandel ist die demografische Zeitbombe, die im bevölkerungsreichsten Land der Welt tickt. Die gerade erst veröffentlichte Volkszählung zeigte, dass die Einwohnerzahl im vergangenen Jahrzehnt nur noch um 5,38 Prozent auf 1,41 Milliarden zulegte und damit so langsam wie seit den 1950er-Jahren nicht mehr. Grund dafür ist die sinkende Geburtenrate: Statistisch bekommt eine Frau 1,3 Kinder. Zugleich altert die Gesellschaft immer schneller. China liegt damit auf dem Niveau von alternden Gesellschaften wie den Industrieländern Japan und Italien. Sollte der Trend anhalten, dürfte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ein Bevölkerungsrückgang bevorstehen.
In den sozialen Medien reagierten viele Nutzer kühl auf die Pläne. Sie verwiesen auf die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Städten, weshalb viele Paare auf Kinder ganz verzichten. "Ich bin bereit, drei Kinder zu haben, wenn Sie mir 5 Millionen Yuan (etwa 645.000 Euro) geben", schrieb ein Nutzer auf dem Kurznachrichtendienst Weibo. Der Kurswechsel solle mit "unterstützenden Maßnahmen einhergehen, die zur Verbesserung der Bevölkerungsstruktur unseres Landes beitragen", hieß es dem Xinhua-Bericht zufolge. Details wurden nicht genannt.
Die Zentralbank hat in der jüngeren Vergangenheit mehrfach auf die demografischen Veränderungen hingewiesen. Diese könnten zu wirtschaftlicher Stagnation, sinkender Sparquote und fallenden Vermögenspreisen führen, während das derzeitige Pensionssystem schlecht auf den Alterungsprozess vorbereitet sei. Der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, lag im Jahr 2020 bei 13,5 Prozent, nachdem es 2010 nur 8,87 Prozent waren.
Die Rivalität mit den USA hat die Dringlichkeit für China erhöht, eine stärker innovationsgetriebene Wirtschaft aufzubauen. Unter Präsident Xi Jinping zielt die Regierung darauf ab, die Abhängigkeit von ausländischen Märkten und Technologien zu verringern. "Wir sollten einen Übergang von der Bevölkerungs- zur Talentdividende machen", sagte eine mit den Plänen der Regierung vertraute Person. Die Volkszählung zeigte, dass sich die Bildung im vergangenen Jahrzehnt verbessert hat. Der Anteil der Menschen mit Hochschulbildung stieg von 8,9 auf 15,5 Prozent.