In mehreren Städten Europas sind am Samstag Tausende Menschen aus Solidarität mit den Palästinensern im Konflikt mit Israel auf die Straßen gegangen. In Berlin kam es zu Ausschreitungen. In London forderten Demonstranten die britische Regierung auf, sich für ein Ende der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen einzusetzen. In Madrid gingen laut Polizei 2.500 Menschen zur Unterstützung der Palästinenser auf die Straße. In Paris fanden trotz Verbots Kundgebungen statt.

Demonstranten eingekesselt

In Wien bildete sich vor der Oper gegen 17.45 Uhr eine Gegen-Demo zur Israel-Kundgebung. Am Rande der Demo marschierten Personen mit Türkei-Fahnen auf – es kam zu Sprechchören. Es wurden laut Augenzeugen antisemitische Parolen gerufen. Zuvor hatte sich eine Demonstration zur Entwicklung in Nahost unter dem Motto Solidarität, Friede, Gemeinschaft vor der Oper gebildet.

Gewalt in Berlin

Aus den Reihen der laut Polizeiangaben rund 3.500 Demonstranten in Berlin wurden Steine und Flaschen auf die Polizei geschleudert, auch Feuerwerkskörper flogen gegen die Sicherheitskräfte. Demonstranten schlugen auf Polizisten ein. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. Ob Demonstrationsteilnehmer festgenommen wurde, konnte ein Polizeisprecher zunächst nicht bestätigen.

Die Polizei hatte den Protest wegen des Verstoßes gegen die Corona-Hygieneregeln für aufgelöst erklärt. Da sich Demonstrationsteilnehmer nicht an die Anordnung hielten, schritten die Beamten auf der Sonnenallee in Neukölln gegen sie ein. Aus der Demonstration wurden Rufe wie "Kindermörder Israel", "Frauenmörder Israel" und "Free Palestine" laut.

Zuvor war eine andere Demonstration mit rund 120 Teilnehmern vom Hermannplatz zum Rathaus Neukölln friedlich verlaufen. Am Nachmittag sollte es eine weitere Demonstration geben. Gefordert wurde in einem Aufruf der Kampf für "ein freies Palästina, vom Jordan bis zum Mittelmeer", also auf dem heutigen Staatsgebiet Israels. Insgesamt waren 360 Polizisten im Einsatz.

Protestmarsch durch den Hyde-Park

In London zogen die Demonstranten von der Nähe des Hyde Parks Richtung israelischer Botschaft. Palästinensische Flaggen wurden geschwenkt und Schilder hochgehalten, auf denen die "Befreiung" der Palästinensergebiete von der israelischen Besatzung gefordert wurde.

Organisiert wurde der Protestmarsch durch den Hyde-Park von verschiedenen pro-palästinensischen Organisationen wie der "Palestine Solidarity Campaign", "Friends of Al-Aqsa", der "Stop The War Coalition" und der "Muslim Association of Britain". Viele Teilnehmer trugen Palästina-Fahnen und "Free Palestine"-Banner.

Ein Sprecher der Gruppe forderte die britische Regierung auf, ihre militärische, diplomatische und finanzielle Unterstützung für Israel umgehend einzustellen. Als Redner wurde unter anderen der ehemalige Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, erwartet. Der 71-Jährige, der für den Londoner Wahlkreis North Islington im Parlament sitzt, ist derzeit aus der Fraktion seiner Partei ausgeschlossen, während eine Untersuchung zu Antisemitismus in der Partei unter seiner Führung (2015 bis 2020) läuft. Corbyn war wegen seiner als einseitig wahrgenommenen Unterstützung für die Palästinenser in der Vergangenheit auch selbst antisemitischer Tendenzen bezichtigt worden, hatte die Vorwürfe aber stets bestritten.

Demo in Madrid

In Madrid gingen nach Angaben der Polizei etwa 2.500 Menschen zur Unterstützung der Palästinenser auf die Straße. "Jerusalem, ewige Hauptstadt der Palästinenser", war auf Transparenten zu lesen. "Das ist kein Krieg, das ist Völkermord!", riefen Demonstranten auf dem Weg vom Bahnhof Atocha zum zentralen Platz Puerta del Sol im Zentrum von Madrid. Viele junge Leute waren in palästinensische Flaggen eingehüllt. Die Demonstranten riefen die Europäer auf, mit Israel nicht länger zu kooperieren.

Tränengas in Paris

In Paris gingen pro-palästinensische Aktivisten am Samstag trotz eines Demonstrationsverbots auf die Straße. Die Polizei forderte Geschäftsleute auf, ihre Läden am Nachmittag entlang der geplanten Route vom Viertel Barbès zur Place de la Bastille zu schließen. 4.200 Polizisten waren in dem Gebiet im Einsatz, in dem sich dennoch junge Leute in mehreren Straßen versammelten. Die Polizei rief über Lautsprecher zur Auflösung der Versammlungen auf, auch ein Wasserwerfer und Tränengas kamen zum Einsatz.

Die Pariser Polizeipräfektur hatte die Demonstration zuvor auf Anweisung von Innenminister Gérald Darmanin untersagt. Ein Gericht bestätigte die Entscheidung. Er begründete das Verbot damit, dass 2014 die öffentliche Ordnung massiv gestört worden sei. Tausende Menschen demonstrierten vor sieben Jahren gegen die damalige israelische Militäroffensive im Gazastreifen. Bei Ausschreitungen attackierten Randalierer damals auch eine Synagoge und jüdische Geschäfte. Der Präsident der Palästinenservereinigung für die Region Paris, Walid Atallah, warf den Behörden vor, Spannungen durch das kurzfristige Demoverbot zu schüren. An der Demonstration in Paris wollten verschiedene Gruppen teilnehmen, darunter auch Attac und anti-faschistische Vereinigungen.

In anderen französischen Städten, darunter Toulouse und Montpellier in Südfrankreich, durften hingegen pro-palästinensische Demonstrationen stattfinden. Hunderte gingen dort auf die Straßen. Auch in Lyon, Bordeaux, Marseille, Nantes, Rennes, Straßburg, Lille und Metz waren Demonstrationen vorgesehen.

Proteste im Irak

Auch in der irakischen Hauptstadt Bagdad und in anderen Teilen des Landes demonstrierten Tausende Menschen in Solidarität mit den Palästinensern. Die Proteste begannen der Staatsagentur INA zufolge am Samstag nach einem Aufruf des einflussreichen schiitischen Geistlichen Moqtada al-Sadr, der auch für seine Rhetorik gegen die USA bekannt ist.

In Bagdad versammelten sich die Demonstranten am zentralen Tahrir-Platz mit irakischen und palästinensischen Flaggen. Einige skandierten Augenzeugen zufolge Parolen gegen Israel, andere verbrannten Flaggen Israels und der USA. Irakische Sicherheitskräfte waren verstärkt im Einsatz, mehrere Straßen wurden gesperrt. Die Proteste im Irak folgen auf pro-palästinensische Demonstrationen unter anderem in Jordanien und dem Libanon, die an Israel grenzen.

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