Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist Medienspekulationen entgegengetreten, wonach er nach der Europawahl im Frühjahr 2024 EU-Kommissionspräsident werden könnte. "Kommissionspräsident 2024 schließe ich aus", sagte Kurz der Tageszeitung "Kurier" (Sonntagsausgabe). Er habe sich "aus Gerechtigkeitsüberlegungen" für eine andere Impfstoffverteilung eingesetzt, sagte er auf die Frage, ob sein Einsatz für Bulgarien und Kroatien schon eine "Wahlkampftour" gewesen sei.
Die deutsche Tageszeitung "Die Welt" hatte am Freitag in einem Kommentar geschrieben, in Brüssel falle "in ernst zu nehmenden Kreisen mittlerweile immer mal wieder der Name Kurz als neuer Kommissionspräsident im Jahr 2024". Nach dem Abgang der deutschen Kanzlerin Angela Merkel hätte Kurz "ganz gute Chancen" auf den Posten. Er sei zwar "ein Ärgernis für die deutsch-französische Allianz", aber "hervorragend vernetzt innerhalb der Europäischen Volkspartei und bei den Regierungschefs aus kleineren und mittelgroßen Ländern, egal welcher politischer Partei sie angehören".
Hohe Erwartungen an Kurz
Der Zeitung formuliert in der Folge hohe Erwartungen an einen potenziellen Kommissionspräsidenten Kurz, die frappierend an das von seinem Lager verbreitete europapolitische Selbstbild des ÖVP-Chefs erinnern. "Kurz wäre endlich ein Brückenbauer in den Osten Europas. Und er wäre wohl der erste Präsident in der Geschichte der EU-Kommission, der kein Europa-Romantizist ist und nicht auf eine weitere Vergemeinschaftung von Schulden und Kompetenzen setzt", so die "Welt".
Der Posten der Kommissionspräsidentin wird nach der Europawahl im Frühjahr 2024 neu besetzt. Kurz hatte sich jüngst - etwa auch im Impfstoffkonflikt - lobend über Amtsinhaberin Ursula von der Leyen geäußert, die wie er der Europäischen Volkspartei (EVP) angehört. Es wird erwartet, dass die EVP mit ihr als Spitzenkandidatin in die nächste Europawahl geht, sollte die Amtsinhaberin wie mehrere Vorgänger eine zweite Amtszeit anstreben.
Neben jenem der Kommissionspräsidentin wird im Jahr 2024 auch der Posten des EU-Ratspräsidenten neu besetzt. Sollte der Belgier Charles Michel im Frühjahr 2022 für eine zweite Amtszeit von 30 Monaten bestätigt werden, braucht es in diesem Fall einen Personalwechsel. Dem EU-Ratspräsidenten sind nämlich nur zwei Amtszeiten im Gesamtausmaß von fünf Jahren erlaubt.