Der Union droht die innere Blockade. „Die CDU muss in ihren Gremien jetzt Klarheit schaffen“, mahnte Markus Söder am Montag spitz - und hielt doch an seinem Machtanspruch fest. Seine Kandidatur war strategisch gut geplant, und wird jetzt doch zur Belastungsprobe für eine Union, die sich zum Ende der Ära Merkel im Umbruch befindet.
Lange hielt der CSU-Chef mit seinen Ambitionen zurück und stilisierte sich in der Pandemie als Corona-Krisenmanager. Den Rest erledigte die CDU schon selbst. Zunächst demontierte die Partei Annegret Kramp-Karrenbauer als Vorsitzende, dann schwelte fast ein Jahr lang ein Machtkampf um die Nachfolge. Erst im Januar wurde Armin Laschet zum Nachfolger bestimmt.
Söder füllte das Vakuum
Der aber zögerte, offen seinen Anspruch auf das Kanzleramt anzumelden. Dieses Vakuum füllte Söder. Der formulierte selbstbewusst , er habe „eine Bitte an die CDU: das Meinungsbild abzurunden“.
Der CDU fehlt die innere Ordnung. Die Unruhe erfasste die Partei aber nicht erst mit Laschet. Es geht dabei auch um eine Auseinandersetzung mit dem Kurs von Angela Merkel. Ihr Rückzug nach der Wahl im September verschärft die Debatte. Es geht um Kurskorrekturen. Ort des Widerstands: die Unionsfraktion im Bundestag. Zunächst rumorte es nach 2010 gegen den Euro-Rettungskurs der Kanzlerin. Erst Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sicherte mit seiner harten Haltung („s’isch over“) intern die Mehrheiten für die Griechenland-Pakete. Dann stand die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin in der Kritik.
Misstrauensvotum gegen die Kanzlerin
Angela Merkel, die den Zusammenbruch eines auf Binnenschau verliebten Systems als DDR-Bürgerin erlebte, wirkte als Vorsitzende stets mehr nach außen als nach innen in die Partei. Der Erfolg der Kanzlerin bei den Wahlen schien ihren Kurs zu bestätigen. Vor vier Jahren erfolgte der Bruch. Erst zog 2017 die AfD in den Bundestag ein. Dann stürzten 2018 die CDU-Abgeordneten den Merkel-Vertrauten Volker Kauder als Klubobmann. Die Parlamentarier sagten sich offen von Merkel los. Ein Misstrauensvotum gegen die Kanzlerin.
Anklänge an Franz Josef Strauß?
Verständlich also, warum Söder ein Votum der aufmüpfige Fraktion zur Kanzlerkandidatur begrüßen würde. Verständlich, warum Laschet es vermeiden möchte. Am Montag bemühten sich beide um Deeskalation. Laschet lud Söder zu den Beratungen im CDU-Vorstand. Der CSU-Chef betonte, die Situation sei „nicht mit 1976, nicht mit 1979 und schon gar nicht mit 2018“ zu vergleichen. Zur Erinnerung: 1976 hatte CSU-Übervater Franz Josef Strauß in Wildbad Kreuth kurzzeitig die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufgekündigt, 1979 hatte Strauß sich in der Fraktion die Kanzlerkandidatur gesichert und 2018 ließ Horst Seehofer den Streit über die Flüchtlingspolitik bis zu einen drohenden Koalitionsbruch eskalieren.
Nur Verlierer
Soweit ist es nicht. „Wir sind zwei starke Parteien und ein großes Team“, betonte Söder die Gemeinsamkeiten. Die Klärung der K-Frage stehe kurz bevor. Der Streit beschädigte längst beide Kontrahenten: Laschet (wegen mangelnder Führungskraft) und Söder (wegen egozentrischen Machtmissbrauchs). Bislang kennt die Auseinandersetzung also nur Verlierer.