Er ist das Gesicht einer neuen Ära: Erstmals seit dem Sieg der Revolution 1959 werden in Kuba die wichtigsten Staatsämter nicht mehr in der Hand eines Castro liegen: Es wird erwartet, dass Miguel Mario Díaz-Canel Bermúdez am Montag von Raúl Castro das machtvolle Amt des Chefs der Kommunistischen Partei Kubas übernehmen wird. Damit tritt Díaz-Canel in dem sozialistischen Karibikstaat endgültig ans Steuer. Vorbereitet darauf ist er längst: Vor drei Jahren übertrug Castro, der sich nun in die Polit-Pension verabschiedet, seinem politischen Ziehsohn auch schon das Präsidentenamt.
Díaz-Canel verkörpert eine neue Generation: 1960 wurde er ins schon revolutionäre Kuba hineingeboren; mit alter Guerillaromantik hat er nichts am Hut. Er hat als Parteifunktionär in der Provinz begonnen. 2003 holte ihn Raúl Castro ins Politbüro, damit begann seine Karriere.
Dennoch gilt Díaz-Canel nicht als grauer Parteisoldat. In seiner Heimatprovinz Villa Clara unterstützte er als örtlicher Chef der Kommunistischen Partei in den 80er Jahren ein liberales, staatsunabhängiges Kulturleben. Er trug T-Shirts und lange Haare, benutzte lieber das Fahrrad als den Dienstwagen und hörte die Rolling Stones und die Beatles, so erzählen es zumindest Weggefährten. Nach dem Studium der Elektrotechnik machte er zunächst als Funker Karriere beim Militär. Trotzdem tritt er lieber im weißen Hemd auf als in der legendären olivgrünen Uniform seiner Vorgänger.
Hohe Arbeitslosigkeit
Der Amtswechsel fällt in eine für Kuba wirtschaftlich sehr schwierige Zeit. Die Wirtschaft ächzt unter dem Einbruch des Tourismus in der Corona-Pandemie wie auch unter den Sanktionen, die Donald Trump verschärft hat. Reformen hatte Raúl Castro zwar eingeleitet, doch griffen diese unter den erschwerten Bedingungen nur begrenzt. Fast 40 Prozent der Bevölkerung sind unter- oder gar nicht beschäftigt – Tendenz steigend. Der Unmut auf der Insel steigt. Díaz-Canel könnten explosive Zeiten bevorstehen.