Als die Wirtschaft 1999 in Ecuador zusammenbrach, musste es Guillermo Lasso schon einmal richten. Der Banker wurde damals in die neu geschaffene Position des "Super-Wirtschaftsministers" berufen. Der Wirtschaftsexperte, der in jungen Jahren den in Ecuador strauchelnden Coca-Cola-Konzern erfolgreich restrukturierte, übernahm unter anderem die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds, um wirtschaftliche Unterstützung zu erhalten, und er koordinierte die Regierungspolitik nach der Wirtschaftskrise.
Das Leben habe ihn zu einem "Wirtschaftsliberalen" gemacht, so erklärte er später einmal in einem Interview. Er will die Steuern für Unternehmer senken, die Staatsverschuldung ‒ aber auch den Mindestlohn, denn sein Ziel sei es, die Produktivität und Beschäftigung im privaten Sektor zu steigern.
Im dritten Anlauf hat es der 65-Jährige nun zum Präsidenten von Ecuador geschafft. "Danke, Ecuador, für die Unterstützung an den Urnen", schrieb Lasso auf Twitter. Der Präsident ist in Ecuador Staatsoberhaupt und Regierungschef und damit Chef der Exekutive.
Lasso steht vor großen Herausforderungen: Durch den Einbruch des Ölpreises und die Corona-Pandemie brach Ecuadors Wirtschaft im Vorjahr um fast zehn Prozent ein. Die Armut stieg, wie in ganz Lateinamerika, stark an. Viele Ecuadorianer haben ihre Lebensgrundlage verloren und kämpfen mit Existenznöten.
Die Präsidentschaftswahl war deshalb von wirtschaftlichen Themen geprägt. Der Kandidat, der die Hoffnung auf eine Besserung am geschicktesten verkaufen konnte, hatte die besten Chancen. Weitere ewig präsente Themen waren die Schaffung von Arbeitsplätzen, finanzielle Direkthilfen in der Coronakrise und ‒ wie in ganz Lateinamerika ‒ die Bekämpfung der Korruption.
Viertärmstes Land Südamerikas
Ecuador ist nach BIP pro Einwohner nach Kaufkraftparität das viertärmste Land Südamerikas, nach Guyana, Bolivien und Paraguay. Die Haupteinnahmequellen sind nach Öl, Fischereiprodukten und Bananen Blumen. In den riesigen Plantagen arbeiten oft 300 bis 500 Menschen. Doch die Arbeitsbedingungen in einem Teil der Plantagen sind noch immer schlecht, die Belastung mit Chemikalien ist extrem hoch und die Arbeitszeiten für die Blumenarbeiter sind lang und flexibel. Die Arbeiterschaft wird Guillermo Lasso genau beobachten, damit er auch diese ‒ wenn auch kleinere ‒ Wählerschaft nicht vergisst.
Ecuador ist weiterhin auf frisches Geld des Internationalen Währungsfonds angewiesen, auf die Gläubiger und auf deren guten Willen, damit die stotternde Wirtschaft wieder anspringt. Die Erwartungen an die künftige Regierung sind groß, das politische Klima bleibt angespannt. Kurz: Guillermo Lasso hat eine Herkulesaufgabe zu stemmen.
"Seit Jahren habe ich davon geträumt, den Ecuadorianern dienen zu dürfen, damit das Land vorankommt und wir alle ein besseres Leben führen können", sagte er nach Angaben der Zeitung "El Universo" vor seinen Anhängern in einem Veranstaltungszentrum in der Wirtschaftsmetropole Guayaquil. "Ihr habt das möglich gemacht. Es beginnt eine Epoche des Zusammenkommens."