Eigentlich hatte das Königshaus die Bevölkerung gebeten, sich dieses Wochenende von Schloss Windsor und anderen Palästen fernzuhalten. Aber viele, die vom Tod des Prinzen Philip aufgerührt waren, ignorierten die höfliche Anweisung. Paare, Familien und kleine Gruppen zogen an den Toren von Windsor Castle und Buckingham Palace vorbei, um Beileidskarten, Blumen oder kleine Kränze niederzulegen. „Zumindest wollen wir unseren Respekt ausdrücken“, erklärten die Angerückten ihre Missachtung der Covid-Restriktionen. Philip sei immer „eine herausragende Figur“ gewesen. Die Königin, nun verwitwet, tue ihnen einfach „furchtbar leid“.
Ein paar Hundert Menschen hatten sich Samstagmittag auf Londons Tower Bridge versammelt. Sie wollten um jeden Preis dabei sein, als die 41 Salutschüsse zu Ehren Philips am Tower von der Artillerie-Kompanie abgefeuert wurden. Präzise inszeniert, gab es zur gleichen Zeit einen Kanonensalut im Kriegsmarine-Hafen von Portsmouth, im schottischen Edinburgh, im walisischen Cardiff und im nordirischen Hillsborough. Selbst in Gibraltar, auf der im Golf befindlichen Royal-Navy-Fregatte HMS Montrose und im fernen Canberra böllerte man synchron mit.
Beileid aus der ganzen Welt
Noch immer fluteten am Samstag Beileidsgrüße aus aller Welt in London zum Ableben des 99-jährigen Gatten Ihrer Majestät, Elizabeth II. ein. Gekrönte Häupter und Staatschefs aller Länder verneigten sich sinnbildlich von nah und fern.
Alle fünf noch lebenden US-Präsidenten sandten respektvolle Botschaften nach England. Nicht nur den Briten sei „ein unersetzlicher Verlust“ entstanden, formulierte Donald Trump, sondern „allen, denen unsere Zivilisation am Herzen liegt“.
Tatsächlich reichte Philips „Karriere“ als Königinnen-Gemahl und De-facto-Geschäftsführer der „Firma“ so weit zurück, dass er im Lauf der Jahre insgesamt 18 US-Präsidenten die Hand geschüttelt hatte. Auf der Titelseite der Londoner „Sun“ wurde der Königin versichert: „Wir alle weinen mit Ihnen, Ma’am.“ Die „Daily Mail“ bot ihren Lesern 144 Seiten Prinz-Philip-Lesestoff. Nur zögernd kehrte an diesem Tag die BBC, Großbritanniens rechtlich-öffentlicher Sender, zu „normalen“ Programmen zurück. Tags zuvor, nach der Bekanntgabe des Todes, hatte die BBC in Anbetracht ihrer halb offiziösen Rolle, und um nicht antiroyalistischer Neigungen geziehen zu werden, alle vorgesehenen Sendungen gekippt und bis in die Nacht hinein nur noch über Prinz Philip informiert.
Wut auf die BBC
Die Reaktionen auf diese Aktion waren freilich anders als erwartet. Nicht wenige beklagten sich bitter über die plötzliche Änderung des gesamten Programms. So viel Zorn entlud sich über die Anstalt, dass sie auf ihrer Webseite ein spezielles Beschwerdeformular einrichten musste. Was nach Ansicht des linksliberalen „Guardian“ die Frage aufwarf, „ob ein nationaler Sender heute noch in der Lage ist, das Land zur Trauer um eine einzelne Person zusammenzuzwingen – in einer Ära, in der die Zuschauerschaft in sich gespalten und weniger unterwürfig als früher ist“.
Die Politiker haben bereits an Philips Todestag alle Veranstaltungen abgesagt und den laufenden Wahlkampf für die Anfang Mai stattfindenden englischen Kommunal- und schottischen und walisischen Parlamentswahlen fürs Erste eingestellt. Einen Tag früher als geplant tritt morgen das Parlament in Westminster zusammen, um noch einmal Prinz Philips zu gedenken.
Das Begräbnis wird am 17. April auf Schloss Windsor stattfinden, teilte das britische Königshaus am Samstag mit. Queen Elizabeth II. ordnete zudem eine achttägige Staatstrauer an. Die Zahl der Trauergäste wird wegen der Coronaregeln auf 30 begrenzt sein, hieß es weiter. Prinz Harry plane eine Teilnahme, seine schwangere Ehefrau Meghan werde aber „auf ärztlichen Rat“ nicht kommen.
Der britische Premierminister Boris Johnson wird nicht an der Trauerfeier für Prinz Philip am kommenden Samstag teilnehmen. Er will damit so vielen Familienmitgliedern wie möglich die Anwesenheit an dem Begräbnis ermöglichen, teilte Johnson am Samstagabend mit Blick auf die strengen Coronaregeln mit. Demnach werden nur 30 Personen an der Zeremonie auf Schloss Windsor teilnehmen können.
Kein Staatsbegräbnis
Wie ein Palastsprecher sagte, handelt es sich nicht um ein Staatsbegräbnis. Somit werde es auch keinen öffentlichen Trauerzug geben. Zu Beginn des Begräbnisses werde um 15.00 Uhr Ortszeit eine landesweite Schweigeminute eingehalten. Auf die Frage, wie es der Königin gehe, sagte der Sprecher des Königshauses: „Wir haben es mit einer trauernden Familie zu tun.“
unserem Korrspondenten Peter Nonnenmacher aus London