"Wenn Sie Ihren Fernseher einschalten und Benjamin Crump sehen, bedeutet das normalerweise, dass etwas Schreckliches passiert ist. Crump ist der Bürgerrechtsanwalt für Familien, die einen geliebten Menschen durch Polizeigewalt verloren haben", schreibt der "New Yorker".
Wenn Ben Crump einen Fall verliert, berechnet er nichts. Aber wenn er gewinnt, nimmt er ein Drittel des erkämpften Schmerzensgeldes. Er hat in mehr als zweihundert Fällen von Polizeigewalt vor Gericht für die - meist schwarzen - Opfer und deren Angehörige gekämpft, und in fast allen Fällen gewonnen. Für den New Yorker Bürgerrechtler Reverend Al Sharpton ist Ben Crump der "Generalstaatsanwalt von Black America" .
"Was sollen Schwarze tun? Sich an die Polizei wenden?"
Wie es kommt, dass bei Crump so viele hochkarätige Fälle von Polizeigewalt landen, wie auch der Fall George Floyd? "Es gibt nicht so viele Möglichkeiten für Schwarze, wenn sie von der Polizei getötet werden", erklärte er selbst einmal zynisch. "Was sollen sie tun? Sich an die Polizei wenden?", setzte Ben Crump lakonisch nach.
Für die Familie des mutmaßlich durch Polizeigewalt getöteten Afroamerikaners George Floyd hat Ben Crump indes schon 27 Millionen Dollar Schmerzensgeld von der Stadt Minneapolis vor Gericht erstritten. Ben Crump sprach auf Twitter von einer „historischen Einigung“. Dies beweise, dass das Leben schwarzer Menschen nicht länger als „trivial, unwichtig oder der Konsequenzen unwürdig“ abgetan werden könne.
Acht Minuten und 46 Sekunden
Fast ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd hat diese Woche in Minneapolis die Hauptverhandlung gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin begonnen, der acht Minuten und 46 Sekunden lang sein Knie auf den Nacken George Floyds gepresst hatte - was Floyd nicht überlebte.
Für Ben Crump ist der Prozess "wegweisend". Der Anwalt der Familie von George Floyd ist 51 Jahre alt, hat ein rundes Gesicht und eine Glatze. Er trägt immer eine Krawattennadel und am Anzugrevers eine Anstecknadel mit Goldadler. Einer seiner ehemaligen Klassenkameraden an der juristischen Fakultät beschrieb einmal, dass eine Familie, wenn sie Crump als Anwalt anstellt, auch einen Lobbyisten und Therapeuten mitbekomme. "Und ich vermute", fügte der Klassenkamerad hinzu, "dass er am Ende ein Familienmitglied wird." Vor Floyds Beerdigung in Houston half Crump Floyds Sohn Quincy, seine Krawatte zu binden.
Crump, der selbst Afroamerikaner ist, wurde 1969 als ältestes von neun Geschwistern in Lumberton, North Carolina, geboren. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf, seine Geschwister und er wurden von der Großmutter großgezogen. Als kleiner Bub im Alter von sechs, sieben Jahren wurde er nach eigenen Angaben Zeuge von rassistisch motivierter Polizeigewalt gegenüber seinem Onkel.
Der Bürgerrechtsanwalt lebt mittlerweile in Tallahassee, Florida. Der verheiratete Familienvater ist neben dem George-Floyd-Prozess auch mit der aufsehenerregenden Sammelklage in Folge eines schweren Falls andauernder, gravierender Verunreinigung des Trinkwassers in der Industriestadt Flint in Michigan befasst.
Wasserskandal in Flint
Im April 2014 wurde die Wasserversorgung in Flint umgestellt, um Kosten zu sparen. Statt aus dem Huronsee bei Detroit kam das Wasser nun aus dem Flint River – einem durch die Autoindustrie verseuchten Fluss. Die staatlich verordneten Sparmaßnahmen im Bereich der Trinkwasserversorgung führten Anfang 2016 zu einem Gesundheitsnotstand durch Bleivergiftungen und Verkeimung des Trinkwassers. Insgesamt wurde bei mehreren tausend Personen Blei im Blut nachgewiesen. Schätzungen gingen alleine von 6.000 bis12.000 betroffenen Kindern aus. Die Fehlgeburten nahmen von 2014 bis 2017 in Flint um 58 Prozent zu. Mindestens 12 Personen starben durch die Verunreinigungen in Flint an Legionellose.
Erin Brockovich
Auch Erin Brockovich, die zu Hollywood-Ehren gekommene Rechtsanwaltsgehilfin - spätestens seit dem Film mit Julia Roberts international bekannt - die mit ihrem Einsatz gegen die Trinkwasserverseuchung des kalifornischen Orts Hinkley berühmt wurde, recherchierte im Wasserskandal-Fall Flint.
Auf der Homepage der Anwaltskanzlei von Ben Crump steht, er und sein Anwaltsteam setze sich dafür ein, "für die Stimmlosen unserer Gesellschaft einzutreten, wann immer oder in welcher Art auch immer ihnen Schaden zugefügt wurde." Denn Crump habe seine Kanzlei mit der festen Überzeugung gegründet, "dass Gerechtigkeit gleich Respekt ist".