Im Istanbuler Stadtteil Sisli ist eine Gedenktafel in den Boden eingelassen. Es ist die Stelle, an der Hrant Dink ermordet wurde. Der bekannteste Vertreter der armenischen Minderheit in der Türkei hatte sich als Chefredakteur der zweisprachigen Wochenzeitung „Agos“ für die Rechte der armenischen Minderheit eingesetzt. Er war davon überzeugt, dass die Stille des Vergessens die Basis dafür ist, dass sich die Geschichte wiederholt.
Weil er die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich beim Namen nannte und über den Völkermord schrieb, geriet er ins Visier türkischer Nationalisten. Am 19. Jänner 2007 wurde er vor dem Redaktionsgebäude seiner Zeitung in Istanbul auf offener Straße erschossen.
Ein Teenager als Mörder
Hrant Dinks Mörder war ein Teenager aus der Schwarzmeerstadt Trabzon. Der Attentäter war einen Tag nach der Tat gefasst und wurde zu 23 Jahren Haft verurteilt. Auch mehrere Hintermänner wurden inhaftiert, doch der Mord ist noch nicht geklärt, zu viele spielten mit, die Gerichte sind weiter beschäftigt.
Nun wurde 76 weiteren Angeklagten der Prozess gemacht, ein Istanbuler Gericht verhängte „lebenslang“ gegen drei Hintermänner. Für Hrant Dinks Witwe Rakel habe der Prozess die Hintergründe aber nicht aufklären können. „Gegen das Istanbuler Gouverneursamt und Beamte des türkischen Nachrichtendienstes MIT wurde überhaupt nicht ermittelt“, obwohl diese auch verwickelt gewesen seien, erklärte ihr Anwalt.
Kampf für Demokratie und Menschenrechte
Rakel Dink kämpft als Präsidentin der in Istanbul gegründeten Hrant Dink Foundation weiter für Demokratie und Menschenrechte. Die 1959 Geborene, die in einem Waisenhaus aufwuchs, wurde für ihre Rede bei der Beerdigung ihres Mannes hoch geachtet. Ihr berühmtes Zitat daraus: „Ohne die Finsternis zu hinterfragen, die aus einem Baby einen Mörder macht, ist alles Tun vergeblich,“.
Im Vorjahr erhielt die dreifache Mutter selbst Drohbriefe: „Wir könnten plötzlich eines Nachts kommen. Dann, wenn ihr es am wenigsten erwartet.” Solche Schreiben hatte auch ihr Mann erhalten.