Und täglich grüßt das Murmeltier: Erneut hat Israel gewählt, und erneut ist nach der Wahl die Wahrscheinlichkeit groß, dass noch einmal gewählt werden muss. Denn: Nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen liegt Premierminister Benjamin Netanjahu mit deutlichem Vorsprung zu Oppositionsführer Yair Lapid vorne. Auf 30 Sitze kommt der Amtsinhaber, Lapids Liste steht bei 18 Sitzen. Doch: Für eine Regierungsmehrheit von 61 Mandaten wird Netanjahu Partner brauchen - und da zeichnet sich ein Patt ab mit dem Anti-Netanjahu-Block.
Netanjahu kann kaum zufrieden sein: Dank seiner erfolgreichen Impfkampagne rief er sich selbst vor der Wahl zum "Impf-Weltmeister" aus. Tatsächlich sinken die Neuinfektionen deutlich, die Wirtschaft ist geöffnet. Das mag ihm auch einen gewissen Auftrieb bei der Wahl verliehen haben. Für eine klare Mehrheit hat es aber wieder nicht gereicht. Netanjahu polarisiert - politisch, vor allem aber auch wegen der Korruptionsvorwürfe, für die er sich vor Gericht verantworten muss. Und dieser Klotz am Bein könnte auch die Regierungsbildung erschweren: So mancher aus dem rechten Lager zögert, mit dem Angeklagten in einer Regierung zu sitzen.
Das vorläufige Endergebnis wird voraussichtlich erst am Freitag vorliegen. Die Auszählung läuft noch, denn wegen der Corona-Pandemie gibt es eine Rekordzahl von rund 600.000 Briefwahlstimmen. Fix ist dennoch, dass die Regierungsbildung für beide Blöcke schwierig wird. Das israelische Parteiensystem ist zersplittert. Jede Partei, die die 3,25-Prozent-Hürde überspringt, ist in der Knesset vertreten. Auch der Anti-Netanjahu-Block ist alles andere als geeint. Gut möglich, dass die Israelis bald zum fünften Mal an die Wahlurnen gerufen werden.