Bei den Landtagswahlen zum Auftakt des deutschen Superwahljahrs 2021 haben sich die Grünen in Baden-Württemberg und die SPD in Rheinland-Pfalz jeweils klar als stärkste Kraft behauptet und der CDU schmerzhafte Niederlagen zugefügt.

Die CDU fuhr sechs Monate vor der Bundestagswahl eklatante Verluste und stürzte in beiden Ländern jeweils auf das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ab. In beiden Ländern könnten SPD, FDP und Grüne nun ein Ampel-Bündnis schmieden - und die CDU als je zweitstärkste Kraft außen vor bleiben.

Internationale Tageszeitungen kommentierten das so:

"Neue Zürcher Zeitung":

"Der doppelte Abwärtstrend der CDU dürfte bis nach Berlin ausstrahlen und die Fliehkräfte in der Regierung verstärken. Es wird einsam um Angela Merkel. Ihre Fraktion wird die Aussicht auf Mandatsverluste bei der Bundestagswahl im September nicht stillschweigend hinnehmen. (...)

Entscheidende Auswirkungen dürften die Resultate auf die Ambitionen des neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet haben und auf die Koalitionsarithmetik bei künftigen Wahlen. Die Raffgier einiger Unionsabgeordneter, die sich in der Pandemie eine goldene Nase verdienten, hat Laschet nicht zu verantworten. Angeschlagen ist er dennoch. Bisher fand er nicht die richtigen Worte, eine verunsicherte Partei aufzurichten und auszurichten."

"Tages-Anzeiger" (Zürich):

"Die historisch schlechten Resultate der CDU bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an diesem Sonntag sind auch die Quittung für die gekippte Stimmung im Land und für eigenes Versagen.

Einiges spricht dafür, dass die CDU bis zur Bundestagswahl im Herbst nicht mehr zur Dominanz des ersten Pandemiejahres zurückfinden wird. Viel Vertrauen in die Partei macht sich bis heute an der Kanzlerin fest, und die tritt bald ab. Wer ihr nachfolgt, ist völlig unklar - selbst, ob es überhaupt jemand aus CDU oder CSU sein wird. Regierungen ohne die Christdemokraten, sei es eine Ampel-Koalition mit Grünen, SPD und FDP oder ein Linksbündnis, sind jedenfalls nicht mehr gänzlich undenkbar.

Die wichtigste Entscheidung in der Union, wer Kanzlerkandidat werden soll, steht erst noch bevor: Armin Laschet, der neue CDU-Chef, begeistert die Menschen weder inner- noch ausserhalb der Partei. CSU-Chef Markus Söder findet mehr Zuspruch, seine Kür wäre für die CDU allerdings eine Demütigung. Der Wahlkampf der nächsten Monate dürfte spannender werden als erwartet."

"Times" (London):

"Das Rennen um die Nachfolge von Angela Merkel ist durch die historisch schlechten Ergebnisse ihrer Partei bei zwei regionalen Wahlen, die den Beginn des Bundestagswahlkampfes markieren, wieder völlig offen. (...) Die Abfuhren an den Wahlurnen deuten darauf hin, dass die Dominanz, die die CDU seit Beginn der Pandemie genossen hat, nach einem Schmiergeldskandal und wachsender Unzufriedenheit mit dem Umgang mit der Corona-Krise schwächer werden könnte. Das dürfte den politischen Druck auf Armin Laschet erhöhen, den neuen Vorsitzenden der Partei, der hofft, Merkel im September abzulösen. Laschets Schwierigkeiten könnten seinem Erzrivalen Markus Söder, dem bayerischen Ministerpräsidenten, den Weg für eine Kandidatur ebnen."

"de Volkskrant" (Amsterdam):

"Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl am 26. September strafen die Wähler die Partei für die schleppende deutsche Impfkampagne, ihre zunehmend orientierungslose Corona-Politik und für einen sich ausweitenden Skandal um Abgeordnete ab, die mit dem Handel von Schutzmasken das große Geld verdient haben sollen. (...)

Hinter den Kulissen wägt Markus Söder, der bayerische Ministerpräsident, seine Optionen ab. Der CSU-Politiker hat sich nie offiziell als Kanzlerkandidat gemeldet, aber dass er Ambitionen hat, ist ein offenes Geheimnis. Vieles wird von der Entwicklung im Maskenskandal abhängen, der wahrscheinlich größer ist, als bislang bekannt ist. (...) Sollte der Skandal für die Partei aus dem Ruder laufen, könnte Söder dankend ablehnen. Er würde seine angenehme Position als Bayerns populärer Ministerpräsident nicht aufgeben, um ein totes Pferd zu reiten."

"La Repubblica" (Rom):

"Ein interessanter Optimismus in einer Zeit, in der die Sozialdemokraten in allen bundesweiten Umfragen hinter den Grünen und der CDU zurückliegen. Aber das regionale Debakel der Partei von Angela Merkel und Armin Laschet kann als Aufforderung zur Räumung für die Christdemokraten interpretiert werden.

Fast elf Millionen Wähler haben die Partei des "Maskenskandals" und der Impfkampagnen-Katastrophe abgestraft: In der Heimat von Biontech wurden nur sieben Prozent der Wähler geimpft. Und über Gesundheitsminister Jens Spahn von der CDU und die Bundeskanzlerin entlädt sich eindeutig die Unzufriedenheit eines Landes, das von den längsten Schließungen auf dem Kontinent erschöpft ist."

"De Standaard" (Brüssel):

"Bis vor Kurzem hatte das Tandem von CDU und CSU noch gehofft, am Sonntag Mut tanken zu können für die Bundestagswahlen Ende September. Dabei präsentiert sich die Union den Wählern erstmals seit 16 Jahren ohne ihre heutige Bundeskanzlerin, Stütze und Stimmenfängerin Angela Merkel, die sich aus der Politik zurückzieht. Doch die langsame Impfkampagne und die Skandale um Bereicherung und verdächtige Lobbytätigkeit ließen diese Hoffnung hinwegschmelzen. (...)

Die enttäuschenden Ergebnisse machen die sowieso schon bleierne Last auf den Schultern des neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet noch schwerer. Er ringt mit dem Ministerpräsidenten Bayerns und CSU-Vorsitzenden Markus Söder, um Merkel als Spitzenkandidat bei den Bundestagswahlen zu folgen. Nun müssen beide Männer einer wankenden Partei die Richtung weisen, während sie ihre Rivalität beilegen."