Wenn es eine Symbolfigur im Kampf gegen das Coronavirus gibt, dann ist das wohl Jacinda Arden, Premierministerin von Neuseeland. Dort hat man bis Anfang März fünf Tote pro einer Million Einwohner gezählt. Im Vergleich: In Österreich sind es 960 pro einer Million. Doch nicht nur diese Daten würden zeigen, dass Länder, die von Frauen geführt werden, erfolgreicher durch die Krise kamen. Ein Tweet des World Economic Forum sorgte besonders für Aufsehen. Er hatte eine Studie zum Inhalt, welche die Überlegenheit von Regierungschefinnen in der Krise beweisen soll. Millionenfach wurde dieser Tweet geteilt und bejubelt.
Qualitative Kriterien würden aber fehlen
Die Studie selbst stammt von zwei britischen Ökonominnen. Die Forscherinnen vergleichen die absolute Anzahl bestätigter Fälle und Todesfälle von 19 Ländern mit Regierungschefinnen und 174 Ländern mit Regierungschefs. Das Ergebnis: Länder mit Frauen an der Spitze würden besser durch die Pandemie kommen. Doch der Vergleich hinkt, betont Lea Sgier Politikwissenschaftlerin an der Universität Genf. Die Untersuchungen würden zu kurz greifen. Es gebe zu wenige Regierungschefinnen um das vergleichen zu können. Zudem würden qualitative Kriterien fehlen. Zum Beispiel, die Insellage von Neuseeland. Das politische System als solches werde außerdem nicht einbezogen, obwohl nicht überall Regierungschefinnen dieselbe Macht haben.
Die vermeintlichen Erfolge von Frauen wie der deutschen Kanzlerin Angela Merkel oder der finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin erklären die Autorinnen in der Studie mit der unterschiedlichen Risikobereitschaft von Frauen und Männern. Tatsächlich würde es Hinweise auf unterschiedliche Entscheidungsmuster in der Forschung geben, erklärt Sgier. Führen Politikerinnen also tatsächlich anderes?
„Man könne schon sagen, dass Politikerinnen mehr auf die Gruppe schauen, als auf das persönliche Fortkommen“, betont Kathrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschaftlerin an der FH Kärnten. Frauen seien ausgleichender. „Als Argument für Frauen, die in die Kommunalpolitik gehen zu wollen, höre ich oft, dass es ihnen nicht um sie selbst gehe, sondern ums Thema“, sagt Stainer-Hämmerle. „Frauen sind mehr inhalts- als karrieregetrieben.“
Besser durch die Krise
Doch macht sie das zu besseren Krisenmanagerinnen? „Ich denke schon“, sagt die Politikwissenschaftlerin. Nicht nur in Krisenzeiten sei ein kooperativer Führungsstil besser, sondern auch in Zeiten der Polarisierung – das sehe man auch am Beispiel Arden und wie sie nach dem Amoklauf in Christchurch reagierte. Frauen würde man außerdem eher vertrauen.
Bei all diesen Überlegungen müsse man aber bedenken, dass Politikerinnen nach wie vor wenig repräsentativ sind, und die wenigen die man habe, würden genau unter die Lupe genommen.
Maria Schaunitzer