Die Erstürmung des Kapitols, des Herzens der US-Demokratie, am 6. Jänner sorgt weiter für Schockwellen. Bei der jüngsten Anhörung vor dem US-Senat, mit der die Ereignisse aufgearbeitet werden sollen, fand FBI-Chef Christopher Wray nun deutliche Worte: "Dieser Angriff, diese Belagerung war kriminelles Verhalten, schlicht und einfach", sagte Wray. Und weiter: "Dieses Verhalten, das wir, das FBI, als inländischen Terrorismus ansehen, hat keinen Platz in unserer Demokratie".
Um die Ereignisse ist in den vergangenen Wochen, nicht zuletzt auch beim Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump, heftige Polemik ausgebrochen. An der Attacke mit fünf Toten waren Mitglieder mehrerer rechtsextremer Gruppierungen wie der Proud Boys und der Oath Keepers beteiligt. Dennoch wurde zuletzt auch von republikanischen Politikern die Behauptung verbreitet, hinter dem Angriff stünden linksradikale Aktivisten, die sich als Trump-Anhänger ausgegeben hätten.
FBI-Chef Wray wies dies am Dienstag klar zurück. "Wir haben bisher keine Hinweise zu anarchistischen gewaltsamen Extremisten oder Anhängern der Antifa in Verbindung mit dem 6. Jänner gesehen", sagte er in seiner Aussage. Auf die Frage eines Senators, ob an der Attacke möglicherweise Angreifer beteiligt gewesen seien, die sich fälschlicherweise als Trump-Anhänger ausgegeben hätten, antwortete Wray ebenfalls: "Wir haben dafür bisher sicherlich keine Hinweise gesehen."
Experten weisen bereits seit Längerem darauf hin, dass die Sicherheitsbehörden in den USA mittlerweile weißen Rechtsterror für die größte Terrorgefahr halten. Der FBI-Chef warnte grundsätzlich vor der Gefahr von "inländischem Terrorismus". Inzwischen würden rund 2000 Verfahren laufen, doppelt so viele wie bei seinem Amtsantritt im Jahr 2017. Im Februar wies die Interims-Chefin der Capitol-Polizei, Yogananda Pittmann, darauf hin, Mitglieder von Milizgruppen, die an der Erstürmung des Kapitols beteiligt waren, hätten im Zusammenhang mit der "State-of-the-Union"-Rede Joe Bidens den Wunsch geäußert, "das Kapitol in die Luft zu jagen und so viele Kongress-Abgeordnete wie möglich zu töten".
Was den Streit um die Frage betrifft, wie es passieren konnte, dass die Sicherheitskräfte auf die Erstürmung dermaßen unvorbereitet waren, stand Aussage gegen Aussage: Die für die Absicherung des Kongresses Zuständigen hatten nach der Kapitol-Erstürmung eine mangelhafte Gefahreneinschätzung durch die Nachrichtendienste beklagt. Der damalige Chef der Kapitol-Polizei, Steven Sund, sagte kürzlich, seine Beamten seien nicht vorbereitet gewesen auf einen Ansturm tausender "Krimineller", die zum "Krieg" bereit gewesen seien. Bei der Senatsanhörung sagte Wray nun, eine Warnung über mögliche massive Gewalt und einen "Krieg" sei gemäß "unserer normalen Prozedur" weitergereicht worden.
Trump hatte seine Anhänger kurz vor der Erstürmung des Kapitols bei einer Kundgebung damit aufgewiegelt, dass ihm der Sieg bei der Präsidentenwahl im November gestohlen worden sei. Die Demokraten warfen ihm "Anstiftung zum Aufruhr" vor und leiteten ein Amtsenthebungsverfahren ein. Allerdings wurde Trump in dem Verfahren freigesprochen, weil im Senat keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kam, weil die Mehrheit der Republikaner nach Parteitreue abstimmte und Trump die Stange hielt.