Das Verhalten von Juan Carlos I. sei eine Schande, empört sich Spaniens einflussreichste Tageszeitung „El País“ in einem Leitartikel. Der Ex-Monarch, der von 1975 bis 2014 königliches Staatsoberhaupt war, schulde der Nation eine öffentliche Erklärung über seine illegalen Finanzgeschäfte. In dem ungewöhnlich harten Kommentar des Blattes spiegelt sich die Welle der Empörung, die derzeit durch das Land rollt. „Er hat uns alle enttäuscht“, sagt der prominente sozialistische Politiker Ramón Jáuregui.
Königshausexperte José Antonio Zarzalejos, der bisher nicht gerade als Gegner der Monarchie auffiel, geht noch härter mit Juan Carlos ins Gericht: Dieser sei „zum schlimmsten Feind“ für Felipe VI. geworden, der 2014 die Krone von seinem Vater übernommen hatte. „Er hat seinen Sohn verraten.“ Vor allem, weil der 83-Jährige mit seinen Fehltritten den Ruf der Monarchie schwer beschädigt und damit die Zukunft des Königshauses in Gefahr gebracht habe.
Immer neue Enthüllungen über millionenschwere Schwarzgeldkonten des Altkönigs in der Schweiz und in anderen Finanzoasen haben in Spanien einen Sturm der Entrüstung angefacht. Ein Sturm, der das Denkmal von Juan Carlos, der jahrelang als Held der Demokratie gefeiert wurde, zunehmend zerstört. Auch Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez, der sich bisher mit Kritik zurückhielt, platzte nun der Kragen: „Ich empfinde gegenüber diesem unbürgerlichen Benehmen dieselbe Ablehnung wie die meisten spanischen Bürger.“
Auslöser für den Hagel der Kritik war die Nachricht, dass Juan Carlos dem Finanzamt dieser Tage erneut eine hohe Nachzahlung zukommen ließ, um eine Anklage wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche zu vermeiden. Nach Angaben seines Anwaltes Javier Sánchez-Junco handelte es sich dabei um eine Überweisung in Höhe von knapp 4,4 Millionen Euro – „inklusive Zinsen und Säumniszuschlag“. Es war bereits die zweite große Nachzahlung des Königs im Ruhestand. Im Dezember hatte er schon annähernd 700.000 Euro ans Finanzamt überwiesen.
Lustreisen für acht Millionen Euro
Mit der neuen „Steuerregulierung“ will Juan Carlos ein Ermittlungsverfahren abbiegen, in dem es um geheime Millionengelder auf Schweizer Konten einer in Lichtenstein beheimateten Stiftung geht. Diese dubiose Stiftung namens „Zagatka“, die vor zwei Jahrzehnten von einem Freund und Verwandten Juan Carlos‘ gegründet worden war, bezahlte jahrelang königliche Lustreisen in Privatjets. Ein Service, den er gerne benutzte, um zum Beispiel seine Liebhaberinnen zu besuchen. Laut „El País“ geht es dabei um Reisekosten in Höhe von acht Millionen Euro.
Woher das Geld stammt, mit dem diese königliche Steuersparstiftung gespeist wurde, ist weitgehend unklar. Sicher ist nur, dass Juan Carlos auch diese Finanzquelle dem spanischen Fiskus verheimlichte. Genauso wie er es mit einem weiteren Schweizer Millionenkonto tat, das einer königlichen Briefkastenstiftung in Panama gehörte. Spanische wie Schweizer Ermittler arbeiten an dem Fall. Sie gehen dabei auch dem Verdacht nach, dass diese Konten mit Schmiergeldern gefüllt worden sein könnten.
Dass sich Juan Carlos, der vor sieben Monaten im arabischen Emirat Abu Dhabi untertauchte, nun zu freiwilligen Millionenzahlungen genötigt sieht, hat einen einfachen Grund: Die Ermittler haben offenbar so stichhaltige Beweise zusammentragen können, dass es für eine Verurteilung reichen könnte.
Von Heimweh geplagt
Das spanische Gesetz lässt aber eine Hintertür auf: Steuersünder können ein Strafverfahren vermeiden, wenn sie ihre Schuld bezahlen, bevor es zu einem formellen Betrugsverfahren des Finanzamtes oder zu einer Beschuldigung durch die Staatsanwaltschaft kommt. Doch obwohl Steuerfahnder und Staatsanwälte bereits seit zwei Jahren gegen Juan Carlos ermitteln, lassen sich die Behörden mit einer Anklage verdächtig viel Zeit.
„Dank dieser Langsamkeit ist der König auf dem Weg, straflos davonzukommen“, kritisiert die Linkspartei Podemos, die als Juniorpartner zusammen mit den Sozialisten in Spaniens Regierung sitzt. Auch unter spanischen Steuerinspektoren vermutet man, dass es hinter den Kulissen Absprachen gibt, um Juan Carlos die Schmach der Gerichtsbank zu ersparen.
Ganz nebenbei könnte es ebenfalls darum gehen, dem 83 Jahre alten König, um dessen Gesundheit es nicht zum Besten steht, eine Heimkehr aus Abu Dhabi in sein Heimatland zu ermöglichen. „Juan Carlos will nach Spanien zurück“, schreibt die Zeitung „El Mundo“ unter Berufung auf königliche Freunde. Eine Steuernachzahlung mit nachfolgender Einstellung der Ermittlungen könnte den Weg dafür ebnen.
unserem Korrespondenten Ralph Schulze aus Madrid