Myanmars Junta wird den zivilen Protest gegen ihren Putsch Anfang Februar nicht mehr los. Am Montag gab es die bislang wohl größten Massenkundgebungen bei einem landesweiten Generalstreik. Aber auch am Mittwoch sind die Menschen wieder auf die Straße gegangen. Immer mit dabei ist auch Hnin Nu Hlaing. Eigentlich betreibt die 39-jährige Burmesin eine Reinigungsfirma, doch seit das Militär Anfang Februar putschte, ist sie vor allem Aktivistin.
"Ich habe den Putsch nicht kommen sehen. Ich war geschockt", erzählt sie. Als sie den ersten Schock überwunden hatte, war ihr klar, sie müsse etwas tun. So wurde sie Teil der Bewegung des zivilen Ungehorsams. Zuerst wurde jeden Abend aus Protest auf Töpfen und Pfannen geschlagen, um - wie in der buddhistischen Tradition üblich - die bösen Geister zu vertreiben. Medizinstudenten waren schließlich die Ersten, die auf die Straße gingen. Auch eines der ersten Todesopfer kommt aus ihren Reihen. Dabei nutzen die Demonstranten geschickt die modernen Medien.
Unterschiede zur Protestbewegung 1988
"Der Unterschied zur Protestbewegung 1988 ist, dass wir nun dezentral organisiert sind. Es gibt nicht mehr nur eine Führungsperson. Wir sind viele kleine Helfer, doch gemeinsam sind wir stark", erklärt die Aktivistin. Das Militär könne nicht alle verhaften, denn es seien so viele, hofft sie. Die studierte Ingenieurin hat eine geheime Gruppe auf Facebook gegründet und sammelt Geld für die Demonstranten an vorderster Front. Für Essen, für Unterkunft. Viele haben durch ihren Widerstand auch bereits ihren Job verloren. Auch hier hilft Hnin Nu Hlaing.
Dabei ist sie nur eine von Vielen. Organisiert wird der Protest mithilfe sozialer Medien. Das Militär reagierte mit Sperren des Internets. Auch eine Firewall soll errichtet werden. Doch auch dann, glaubt Hnin, lässt dich die Bewegung nicht stoppen: "Der Keim der Demokratie ist in uns bereits gewachsen. Er lässt sich nicht mehr einfach ersticken."
Seit dem 1. Februar habe die Junta bei Demonstrationen "zunehmend exzessive und manchmal tödliche Gewalt angewendet", zahlreiche Menschen bedroht und willkürlich inhaftiert sowie Internet-Sperren verhängt, die Leben in Gefahr brächten, schrieben 130 Menschenrechtorganisationen am Mittwoch in einem offenen Brief an den UN-Sicherheitsrat und die UN-Mitgliedstaaten. Mindestens drei Demonstranten wurden erschossen. Das habe Hnin Nu Hlaing immer im Kopf. Zudem sei bereits eine ehemalige Studienkollegin verhaftet worden.
"Deswegen müssen wir clever vorgehen. Sie können versuchen uns einzuschüchtern, aber das macht unseren Willen noch stärker", meint die Aktivistin in Hinblick auf die immer größer werdenden Proteste. "Wenn sie einen Menschen töten, werden zehn weitere aufstehen. Wenn sie zehn Menschen töten, werden es Hunderttausende sein", ist Hnin überzeugt. "Ich habe das Glück, dass mein Mann Schwede ist. Mein Notfallplan ist das Land zu verlassen."
Aber darüber wolle sie jetzt nicht nachdenken. Denn jetzt gehe es um alles: "Wir haben in dunklen Zeiten über 50 Jahre gelebt. Elf Jahre lang haben wir die Freiheit gekostet. Nun wollen wir nicht mehr zurück", betont die 39-Jährige. "Wir wissen was Demokratie bedeutet und wir verdienen sie. Wenn unser Protest nun scheitert, bedeutet das Diktatur für weitere Jahrzehnte“, ist sie sich sicher.
Maria Schaunitzer