Die Jugend ist die Zeit der Träume und Proteste. Revolution liegt der Jugend seit jeher im Blut, nicht wenige Regime wurden Opfer dieser. Seit dem Arabischen Frühling hat der Aufstand der Jungen eine neue Dimension bekommen: die der sozialen Medien. Geschickt nutzen Demonstranten diese, um sich zu organisieren und um der Welt davon zu berichten. Parteistrukturen oder Militärapparate reagieren darauf behäbig. Gewohnte Mittel der Einschüchterung oder Falschinformation scheinen nur noch bedingt zu wirken. Hat man sich mit der falschen Generation angelegt? Die Auslöser und Ursachen der derzeitigen Protestbewegungen sind unterschiedlich. Als globale Protestbewegung der Jugend tritt „Fridays for Future“ auf: Sie setzt sich für rasche und effiziente Klimaschutz-Maßnahmen ein. Mittlerweile haben sich weltweit Unterstützerorganisationen gebildet.
Spanien
Der Protest der Generation Krise
Vor dem im Vorjahr nach Ausbruch der Coronakrise ins Leben gerufenen Zentrum für Trauma- und Krisentherapie an der Universität in Barcelona stellen sich täglich Dutzende junge Menschen an. Nach einem Jahr Pandemie gehört die Generation der Millennials zu den größten Verlierern in Spanien, das laut Eurostat mit 40,7 Prozent die höchste Jugendarbeitslosenquote der EU-Staaten aufweist. Diese Generation kennt das Leben nur im Krisenmodus: erst die Finanzkrise, nun Corona. Dass es beim teils gewalttätigen Protest gegen die Verhaftung des katalanischen Rappers Pablo Hasél vor allem in Barcelona jeden Abend nur um den Kampf um Meinungsfreiheit geht, glaubt niemand. Die Katalanen fühlen sich von Madrid einmal mehr ins Eck gedrängt.
Tunesien
„Freiheit kann man nicht essen“
„Würde, Freiheit, Arbeit“ - das waren 2011 die Ideale des tunesischen Volksaufstands, der zum Sturz des Autokraten Ben Ali nach fast 25 Jahren an der Macht führte. Es war der Beginn des Arabischen Frühlings. Tunesien ist das einzige Land, das mit einem demokratischen System daraus hervorging. Nun kommt es fast täglich zu Protesten, gegen Polizeigewalt und die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich. Der langjährige Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tunis, Hary Ostry erklärte uns einmal: „Wenn die Menschen keine Dividende bekommen von dem, was 2011 passiert ist, wird die demokratische Erfahrung an sich infrage gestellt. Viele Jugendliche sagen sich: Was hat uns die Demokratie gebracht? Freiheit kann man nicht essen!“
Myanmar
Eine Generation brennt für Freiheit
Drei Wochen nach der Machtergreifung ist es der Junta in Myanmar nicht gelungen, die täglichen Proteste und die Bewegung des zivilen Ungehorsams einzudämmen. Ganz im Gegenteil: Am Montag gingen im Rahmen eines Generalstreiks im ganzen Land mehr Menschen auf die Straßen als je zuvor. Auch gestern rissen die Proteste nicht ab. Immer an vorderster Front die Jugend. Medizinstudenten waren die Ersten, die auf die Straße gingen. Auch eines der ersten Todesopfer kommt aus ihren Reihen. Dabei nutzen die Demonstranten geschickt die modernen Medien. „Der Unterschied zur Protestbewegung 1988 ist, dass wir nun dezentral organisiert sind. Es gibt nicht mehr nur eine Führungsperson. Wir sind viele kleine Helfer, doch gemeinsam sind wir stark“, erklärt Aktivistin Hnin Nu Hlain. Sie unterstützt Demonstranten, die bereits ihren Job verloren haben, und geht selbst jeden Tag auf die Straße. Die Angst sei immer mit dabei, aber: „Der Keim der Demokratie ist in uns bereits gewachsen. Er lässt sich nicht mehr einfach ersticken.“
Weißrussland
Aufstand gegen Lukaschenko
Die große Protestwelle in Weißrussland begann vor einem halben Jahr, als sich Langzeitherrscher Alexander Lukaschenko nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Wahlsieger erklärte. Die Demokratiebewegung sieht Swetlana Tichanowskaja (38) als Gewinnerin und spricht von Wahlbetrug. In der Folge gingen Hunderttausende auf die Straßen, um Neuwahlen zu fordern. Getragen wird die Bewegung aber nicht nur von der jungen Generation: Wichtige Führungs- und Symbolfiguren sind unter anderem Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch oder die Aktivistin Nina Baginskaja (74). Lukaschenko reagierte mit brutaler Repression.
Hongkong
Ein Land, nur ein System
2019 stemmten sich in Hongkong Demokratieaktivisten mit Massenprotesten gegen den wachsenden Machtanspruch Chinas. Auslöser war ein Gesetz, das Auslieferungen von Häftlingen an China ermöglichen sollte – ein Schritt zur Aushöhlung des liberalen Rechtssystems Hongkongs. Peking reagierte im Mai 2020 mit dem „Nationalen Sicherheitsgesetz“, das die Niederschlagung der Proteste und das Ende des Prinzips „Ein Land, zwei Systeme“ einleitete. Die Anführer der Demokratiebewegung – Joshua Wong (24), Agnes Chow (23) und Ivan Lam (26) – wurden festgenommen und zu Haftstrafen verurteilt.