Myanmar erlebt ein schmerzhaftes Déjà-vu. Gerade erst begannen die Erinnerungen an ein halbes Jahrhundert Militärdiktatur zu verblassen, da hat sich in der Nacht auf Montag die Armee zurück an die Macht geputscht.Am Montag hätte das Parlament in seiner neu gewählten Zusammensetzung zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen sollen.

Stattdessen wurden De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, Präsident Win Myint und weitere Mitglieder der Regierungspartei NLD festgenommen, das Militär hat den Ausnahmezustand ausgerufen – zumindest für ein Jahr. Das scheint jedoch unwahrscheinlich, erklärt Andrew Nachemson, Korrespondent für Al Jazeera in Myanmar im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Ich glaube niemand in Myanmar glaubt ihnen. Sie sind gekommen, um an der Macht zu bleiben. Ich bin in einer Demokratie zu Bett gegangen und in einer Diktatur aufgewacht.“


Hintergrund des Putsches sind Vorwürfe des Wahlbetrugs bei der Parlamentswahl im November nach dem klaren Sieg Suu Kyis – Beweise dafür gibt es nicht. Der Vize-Direktor von Human Rights Watch in Asien, Phil Robertson, vergleicht die Situation mit der Weigerung von Ex-Präsident Donald Trump, das Wahlergebnis in den USA anzuerkennen. „Die Angst vor zunehmendem Machtverlust des Militärs dürfte angesichts Erdrutschsieges so groß gewesen sein, dass die Generäle meinten, putschen zu müssen“, analysiert der Korrespondent.

Proteste wahrscheinlich

Sehr wahrscheinlich komme es zu Protesten, befeuert durch den Aufruf der inhaftierten Regierungschefin: „Die Öffentlichkeit ist dazu aufgerufen, sich dem Militärputsch voll und ganz zu widersetzen und sich entschieden dagegen zu wehren“, schrieb sie Stunden nach ihrer Festsetzung in einer Erklärung. Auch auf Twitter verbreiteten sich Hashtags wie „Rettet Myanmar“ rasant. Wie die Führung auf mögliche Proteste reagieren würde – zurückhaltend oder brutal niederprügelnd – bleibt abzuwarten. Zunächst wurde versucht die Bevölkerung an Zusammenkünften zu hindern. Das Internet wurden immer wieder unterbrochen. Jedoch: „Die Menschen haben Angst, sind jedoch auch wütend. Man spürt den Widerstand“, sagt Nachemson.