Es muss nicht leicht sein für eine Stadt, wenn sie von sich behauptet, dass sie für ihre Baumschulen berühmt ist. So jedenfalls wirbt Meckenheim im Internet für sich selbst. Mit etwas Glück kann die Stadt in Nordrhein-Westfalen aber von sich ab Samstag sagen, ihr berühmtester Einwohner ist der George Clooney der CDU - und nebenbei ihr neuer Parteichef. Norbert Röttgen hat aufgeholt im Dreikampf gegen seine Herausforderer Armin Laschet und Friedrich Merz. Dem ehemaligen deutschen Umweltminister und Außenpolitiksprachrohr der Christdemokraten wird die Rolle des Jokers zugetraut. Wem Merz zu viel Krawall und Armin zu viel Merkel und Mitte ist, der setzt auf dem zweitägigen Parteitag ab dem heutigen Freitag vielleicht auf den Mann mit dem grau-melierten Haarschopf, der runden Brille und dem eleganten Aussehen.

Röttgen hängt der Vergleich mit dem Hollywoodstar zum Hals raus. Über Twitter maulte er nach einem Witz von Satiriker Jan Böhmermann: „Guten Morgen, Jän. 2010 hat angerufen und will seinen George-Clooney-Witz zurück …“ Dabei stand in dem Moment eigentlich nur fest: Aus dem Kandidaten, der irgendwie für nichts steht, ist ein ernst zu nehmender Konkurrent um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer geworden. Und die Fußspuren an der Spitze der CDU seit 1946 sind groß: Adenauer, Erhard, Kiesinger, Barzel, Kohl, Schäuble, Merkel, AKK, Aus.

Natürlich geht es auch um das Kanzleramt

Wer für den Bundesvorsitz und dieses Erbe antritt, muss sich auch das Kanzleramt zutrauen. Das ist bei Merz und Laschet ausgesprochen. Und selbst für Röttgen gilt das, immerhin hat er den größten Landesverband in Nordrhein-Westfalen geführt. Die beiden anderen Kandidaten übrigens auch. Das eint sie. Laschet führt zudem das bevölkerungsreichste Bundesland als Ministerpräsident. Das ist sein wichtigstes Argument in diesem parteiinternen Kampf. Er kann in der Pandemie auf Regierungs- und Krisenerfahrung verweisen. Merz muss da schon zwei Jahrzehnte zurückgehen. Bis 2002 war er Fraktionschef der Union aus CDU sowie CSU und damit Oppositionsführer im Bundestag. Aber nach einer Fehde mit Merkel um den Partei- und Fraktionsvorsitz galt das Verhältnis als zerrüttet. Merz zog sich aus der Politik zurück. Sein Comeback in der Partei misslang. Die Merkel-Vertraute Kramp-Karrenbauer setzte sich auf dem Parteitag in der Nachfolge um den CDU-Chefposten durch. Alles schien auf eine Merkel-Lösung bei der Nachbesetzung des Kanzleramtes hinauszulaufen. Doch das parteiinterne Murren gegen AKK und die Kanzlerin wurde immer lauter. Und damit auch die Stimmen, die mit einem neuen Rechtskurs, weg von der Mitte mit Merz liebäugelten.

Doch die Pandemie hat Merz wieder ausgebremst. Der ausgewiesene Finanz- und Wirtschaftsexperte schien weniger gefragt. Maß und Mitte war die neue Währung. Merkels Krisenmanagement gewann in der Bevölkerung wieder an Sympathie. Damit holte auch Laschet auf, der in vielen Politikthemen auf der Linie der Kanzlerin liegt. Zudem ist der langjährige Krach mit der bayerischen Schwesterpartei CSU verstummt. Zuletzt überschütteten sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Bayerns Landeschef Markus Söder mit wohlwollenden Worten.

Das bleibende Verdienst von AKK

Das aber lag weniger an Laschet als an Kramp-Karrenbauer. Das wird auch ihr bleibendes Verdienst sein, nach der Entfremdung unter Merkel und Horst Seehofer wieder Eintracht in das Verhältnis beider Unionsparteien zueinander gebracht zu haben. Mehrfach beschwor sie den Zusammenhalt. Es solle sein wie unter guten Geschwistern: „Man streitet sich, aber wenn die Nachbarskinder kommen, hält man zusammen.“ Söder und Laschet können auf dieses Erbe aufbauen im Kampf um die Bundestagswahl am 26. September 2021. Ob er dann antritt oder der CDU-Chef, der am morgigen Samstag erst per Online-Abstimmung und dann noch einmal per Briefwahl bis Dienstag feststehen soll, wird sich erst nach den nächsten Landtagswahlen entscheiden.

Ob Söder das mit Laschet, Merz oder Röttgen ausmacht, ist offen. Auch wenn Merz in den Umfragen leicht führt, sind sich Experten uneinig, wer am Ende das Rennen macht. Immerhin sprechen sich unterschiedlichste Parteigruppen für je einen anderen Kandidaten aus. Ein Trend war nicht auszumachen. So muss Meckenheim weiter warten, ob es nur auf seine Baumschulen stolz sein darf oder auch auf seinen deutschen Georg Clooney an der Parteispitze der größten Regierungspartei aktuell.