Er trägt Büffelhörner als Symbol der Stärke und die Schweife zweier Coyoten um seine Finesse zu unterstreichen, wie Jacob Chansley, besser unter seinem Künstlernamen Jake Angeli bekannt, erklärt. Seine Brust zieren drei ineinander verschlungene Dreiecke, der Wotansknoten, ein altes germanisches Symbol, das auch immer wieder mit der extremen Rechten und Neonazi-Gruppierungen in Verbindung gebracht wird.
Der 32-Jährige aus Arizona war einer der Anführer des Mobs, der gestern das Kapitol in Washington D.C. stürmte. Angeli ist in der rechtsextremen Szene bekannt, trat in den vergangenen Monaten immer wieder auf Rallys von Donald Trump auf, und wurde im Sommer auf einer solchen Veranstaltung sogar vom ORF interviewt. Dass der österreichische Rundfunk zu den „Mainstream Medien“ gehört, wusste der Mann mit Fellmütze wohl nicht, denn normalerweise rede er nicht mit dem Verbreitern von „Fake News“, wie er auf seinem Youtube-Kanal sagt.
In den Fängen der Verschwörung
Der durchtrainierte Tattoo-Fan steht symbolhaft für die Verschwörungs-Schwurbler unter den Trump-Anhängern. Der „Q-Schamane“, wie sich Angeli selbst nennt, ist passionierter Unterstützer der QAnon-Bewegung. Sie vertritt die Verschwörungstheorie, dass es in den höchsten Regierungskreisen einen korrupten Staat im Staate, den sogenannten „Deep State“, gebe. Im Interview mit dem ORF erzählte Angeli etwa, dass es sich hierbei um das verkörperte Böse handle und man sich in einem "spirituellen Krieg" befinde.
Die „Eliten der Welt“ – was laut Extremismus-Experten in rechtsextremen Kreisen als Umschreibung für Juden gilt – würden eine neue Weltordnung herstellen wollen. Zudem gebe es in unterirdischen Laboren geheime wissenschaftliche Experimente, Kinderhandel und Pädophilie. Trump sei so etwas wie der „Good Cop“ und ein "Whistleblower", der gemeinsam mit „Q“ diesem Deep State ein Ende zu bereiten versucht. „Nur wenn man zwischen den Zeilen liest, kann man erkennen, was wirklich vor sich geht", so Angeli im Interview mit dem ORF.
Ein Schrei nach Aufmerksamkeit
US-Medien berichten, Angeli träume vom großen Durchbruch im Showbusiness. Immer wieder habe sich der 32-Jährige in der Vergangenheit als Synchronsprecher, Schauspieler oder Sänger versucht. Der Zeitung „Arizona Republic“ erzählte er, die Fellmütze und die Gesichtsbemalung sei nur ein Weg, auf sich aufmerksam zu machen.
Doch Angeli sei nicht immer so gewesen. Auf Twitter meldete sich noch Mittwochabend ein ehemaliger Schulkollege und Nachbar zu Wort. „Ich diskutiere mit ihm schon seit zehn Jahren. […] Er ist dumm, war aber nicht immer so“, schreibt der Kalifornier Gareth Trubl. In seiner Jugend habe Angelis Vater Suizid begangen und Angeli selbst wäre in einen Strudel aus Missbrauch „harter“ Drogen und Depressionen gefallen, aus dem er sich nie wieder befreien konnte.
Mit seinen Bildern im Kapitol dürfte Angeli die gewünschte Aufmerksamkeit nun bekommen. Wie sehr sie ihm dienen wird, ist fraglich.
Jakob Illek