Die Impfkampagne in Israel läuft weiter auf Hochtouren. Mehr als 1,4 Millionen Bewohnern ist mittlerweile ein Mittel gegen das Coronavirus verabreicht worden. Das sind rund 15 Prozent der Bevölkerung des Neun-Millionen-Staates. Israel steht damit bei der Geschwindigkeit der Immunisierung an erster Stelle weltweit.
Derweil steigt die Zahl der Corona-Infektionen stetig. Am Montag wurden mehr als 8300 neue Fälle registriert, die Positivrate schnellte auf 8,3 Prozent in die Höhe – die dritthöchste Rate seit Beginn der Pandemie. Das sogenannte Corona-Kabinett in Jerusalem beschloss daraufhin einen vollständigen Lockdown inklusive der Schließung aller Schulen. Bis auf Supermärkte und einiger Fachgeschäfte wird auch der Handel abgesperrt. Noch gibt es keine Einigung darüber, ob er noch in dieser oder erst der kommenden Woche beginnt. Vor neun Tagen hatte der dritte Teil-Lockdown begonnen, bei dem es noch Präsenzunterricht für alle Schulklassen gab.
Vorbildliche Verteilung
Die Verteilung des Impfstoffes war in dem kleinen Land von Anfang an über die lokalen Gesundheitszentren vorbildlich abgelaufen. Doch jetzt gibt es auch hier die Nachricht, dass das Mittel des US-Pharmakonzerns Pfizer, mit dem bislang geimpft wurde, zuneige geht und Erstimpfungen vorläufig ausgesetzt werden.
David Mosenson, Direktor des Meuchedet-Gesundheitsdienstes, machte deutlich, dass in jedem Fall die zweite Impfung verabreicht werden müsse. „In unseren Gefrierschränken wartet sie für alle, die die erste Spritze erhalten haben. Sie ist wichtig, denn nur so ist man korrekt vor dem Virus geschützt.“
Gleichzeitig gibt sich Gesundheitsminister Yuli Edelstein optimistisch, dass „Ende März oder April all jene, die eine Impfung wollen, voraussichtlich eine erhalten werden“. Diese Botschaft wurde am Dienstag von der Meldung unterstützt, dass der Impfstoff des US-Unternehmens Moderna von der israelischen Behörde genehmigt wurde. Lieferungen mit dem Vakzin sollen noch im Monat Jänner ankommen.
Mutation auch in Israel
Auch die Mutation von Covid-19, die ursprünglich aus Großbritannien stammt, taucht zusehends in Israel auf. Bislang sind 30 Fälle identifiziert. Nur sechs der betreffenden Personen waren ins Ausland gereist, die restlichen haben sich offensichtlich im Inland angesteckt.
„Wir sehen jeden Tag eine Steigerung der Infektionen, auch die der Patienten in Krankenhäusern in ernstem Zustand“, unterstrich der Corona-Berater der Regierung, Nahman Ash. Auch Krankenhauschefs warnen, dass diese dritte Welle des Coronavirus „die schlimmste“ sei. Kranke würden die Hospitäler im ganzen Land momentan überrennen.
Besonders in den ultraorthodoxen Gegenden seien die Zahlen extrem hoch, heißt es aus Expertenkreisen. Ein Viertel aller Neuinfektionen stammten aus Orten mit überwiegend strengreligiösen Einwohnern. Die ultraorthodoxen Juden stellen etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung dar.
Nach Plänen der Regierung sollen Israelis, die geimpft oder genesen sind, demnächst einen „grünen Gesundheitspass“ erhalten, der für sechs Monate gültig ist. Damit soll zukünftig der Zutritt zu Großveranstaltungen, Flügen oder Sportevents möglich sein. Außerdem könnten Museen, Einkaufszentren, Schwimmbäder und ähnliche Einrichtungen wieder Kunden empfangen. Für den Besuch von Schulen, Arbeitsplätzen, öffentlichen Verkehrsmitteln oder Gotteshäusern wird der Pass nicht nötig sein.
Am 21. Dezember begonnen
„Wir sprechen von einer Herdenimmunität im Land, wenn etwa 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sind“, erläuterte Corona-Berater Ash. „Der Gesundheitspass ist ein Mittel zum Zweck, damit wir das tägliche Leben wieder in den Griff bekommen, während die Zahl der Genesenen oder Geimpften stetig wächst.“
Israel hatte am 21. Dezember mit der Kampagne begonnen, eine Woche vor der EU. Der erste Israeli, der sich – live im Fernsehen – hatte impfen lassen, war Premier Benjamin Netanjahu gewesen. Er wolle „mit gutem Beispiel vorangehen, um die israelische Bevölkerung zu ermutigen, dasselbe zu tun„, sagte er, während ihm der Impfstoff verabreicht wurde.
Sabine Brandes aus Tel Aviv