Es hat lange gedauert, aber jetzt scheint auch Mitch McConnell der Geduldsfaden gerissen zu sein: Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, der eine der wichtigsten Positionen der Republikaner einnimmt und Trump auch noch nach Leugnen seiner Wahlniederlage bei der Präsidentenwahl die Stange hielt, sagt jetzt Stopp. Was den plötzlichen Umschwung gebracht hat? Der Streit ums Geld.
Republikaner und Demokraten im Kongress hatten sich nach langem Tauziehen auf ein neues Corona-Hilfspaket geeinigt. Doch dann kam Trump. Die geplanten Einmalzahlungen an die Bürger von 600 Dollar seien eine Schande, sagte Trump - und forderte 2000 Dollar. Damit ergriff er klar Partei für die Linie der Demokraten, die stets höhere Hilfen gefordert hatten als Trumps Republikaner.
In seiner Partei hatten viele das Gefühl, der Präsident fällt ihnen in den Rücken. Die Demokraten griffen sofort Trumps Vorschlag auf.Mitch McConnell blockierte den Versuch der Demokraten, ein rasches Votum über eine Anhebung der Direkthilfen zu erreichen, und fing sich Kritik von Trump ein. Sofern die Republikaner keine "Todessehnsucht" hätten, müssten sie die 2.000-Dollar-Zahlungen alsbald ermöglichen, twitterte der US-Präsident.
Die Auseinandersetzung erfolgt in den letzten Tagen des Wahlkampfs zu den Stichwahlen um zwei Senatssitze im US-Staat Georgia. Die Wahlen am kommenden Dienstag entscheiden, ob die Republikaner ihre Mehrheit in der mächtigen Kammer halten und dem künftigen Präsidenten Joe Biden bei Vorhaben Steine in den Weg legen werden können.
Der US-Kongress hatte nach monatelangem Ringen vor gut einer Woche ein Konjunkturpaket im Umfang von rund 900 Milliarden Dollar beschlossen, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern.
Nach langem Zögern
Der Bruch McConnells mit Trump hatte sich schon abgezeichnet, nachdem der Senatsführer vor zwei Wochen den Wahlsieg Joe Bidens bei Präsidentschaftswahl doch anerkannt.
Das US-Repräsentantenhaus - wo die Demokraten die Mehrheit haben - stimmte am Montag für höhere Direkthilfen. Auch zahlreiche Republikaner unterstützten die populären Pläne.
Jetzt fehlt eben noch das Votum in der zweiten Kongresskammer, dem Senat, in dem die Republikaner die Mehrheit haben. Dort signalisierten ebenfalls mehrere republikanische Senatoren Unterstützung für das Vorhaben, darunter Kelly Loeffler und David Perdue, die in Georgia ihre Senatssitze verteidigen müssen. Andere Republikaner stemmten sich bisher jedoch gegen ein umfangreicheres Konjunkturpaket, unter anderem unter Verweis auf die Budgetdisziplin.
Ein schnelles Votum scheiterte am Dienstag schließlich am Widerstand von McConnell. Er vertröstete die Demokraten und sagte, der Senat werde in dieser Woche "einen Prozess beginnen", sich mit den Direktzahlungen zu befassen, gemeinsam mit zwei anderen Anliegen des Präsidenten. Mehr Details nannte er nicht.
Der Streit über die Hilfszahlungen wirkt sich auch auf die Abstimmung über den Verteidigungsetat aus, die McConnell an diesem Mittwoch abhalten will. Der Protest des unabhängigen Senators Bernie Sanders könnte die Abstimmung aber bis Ende der Woche verzögern. Trump hatte gegen das massive Gesetzespaket sein Veto eingelegt. Es wird erwartet, dass nach dem Repräsentantenhaus auch der Senat Trumps Veto überstimmt - was eine Premiere in seiner Amtszeit und eine herbe Abfuhr seitens der Republikaner wäre.
Sanders mahnte eindringlich, die Kammer müsse so schnell wie möglich über eine Anhebung der Hilfszahlungen abstimmen. Die Menschen im Land bräuchten sofort Unterstützung, "nicht nächstes Jahr - jetzt sofort". Millionen US-Amerikaner hätten durch die Pandemie ihren Job verloren. Mitten im Winter seien viele Familien dem Risiko ausgesetzt, wegen ausstehender Mietzahlungen aus ihrem Zuhause geworfen zu werden. Mütter und Väter hätten Probleme, ihren Kindern genug Essen zu geben. Diebstähle in Supermärkten hätten zugenommen, weil Menschen hungrig seien. Und das alles passiere im wohlhabendsten Land der Welt.