Lech Walesa ist der bekannteste lebende und der zweitbekanntester Pole der Welt nach Papst Johannes Paul II. Sein Kampf gegen den Kommunismus machte den 77-Jährigen rund um den Erdball berühmt. Der gelernte Elektriker war 1987 Mitbegründer des  illegalen „Nationale Exekutivkomitee der Gewerkschaft Solidarność“. Sieben Jahre zuvor wurde er zum Gesicht des Streiks 1980 auf der Danziger Leninwerft, der die Wende in Polen einleitete. Sein Kampf gegen das kommunistische Regime brachte ihm 1983 nicht nur den Friedensnobelpreis ein, Walesa wurde am 9. Dezember 1990 auch dank seiner Popularität zum polnischen Staatsoberhaupt gewählt – der erste demokratisch gewählte seit 1945. Auch wenn Walesa nach fünfjähriger Amtszeit nicht wiedergewählt wird, gehört er dennoch bis heute zu den gern geladenen Gästen vieler Veranstaltungen weltweit. Ein einträglicher Job - jedenfalls bis zum Beginn der globalen Corona-Pandemie.

Nun ist er nach eigener Aussage pleite. „In diesem Jahr bekommt keiner von mir Geschenke, denn ich bin bankrott“, sagte Walesa zu Weihnachten dem polnischen Fernsehsender Polsatnews. In der Vergangenheit sei er viel gereist und habe mit Vorträgen Geld verdient, aber das sei nun vorbei, beschreibt Walesa seine aktuelle Sitation. „Es gab Zeiten, da hatte ich Geld, dann habe ich es ausgegeben. Nun stehe ich da mit leeren Taschen.“

Corona verhindert seine Vortragsreisen

Dieser Zustand hatte sich schon seit dem Sommer abgezeichnet. „Ich vermisse meine Reisen, weil sie mir geholfen haben, mein täglich Brot zu finanzieren“, sagte Walesa im Juni dem Boulevard-Blatt „Fakt“ und antworte witzelnd: „Ich hatte viele lukrative Verträge, heute muss ich ohne sie auskommen, deswegen denke ich über irgendeine Arbeit nach. Vielleicht haben sie einen Job für mich?“ Dem Reporter, der nachfragte, was genau er denn machen wollte, sagte der ehemalige Präsident: „Ich hatte in meinem Leben verschiedene Jobs. Ich war Elektriker, Mechaniker, Gewerkschafter und Präsident. Ich verfüge also über ein breites Spektrum an Möglichkeiten.“ Dieses Spektrum reiche „vom Traktor bis zum Internet“.

Aus seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt stehen Walesa nach Angaben polnischer Medien rund 1300 Euro im Monat zu. Deshalb, so erzählt Walesa, sei die Lage in seiner Familie so schwierig. Seine Frau und seine Kinder seien seiner „politischen Aktivitäten überdrüssig. Sie lassen mich nicht zu Wort kommen. Ich sitze leise am Tisch und falle kaum auf“, sagte der dem Fernsehsender im aktuellen Gespräch. „Das reicht nicht für meine Ausgaben und schon gar nicht für die meiner Frau“, sagte Walesa. Er habe keine andere Wahl, als neue Geldquellen aufzutun: „Ich kann doch nicht betteln gehen.“ Normalerweise sei er in Zloty Millionär. Rund 232.000 Euro verdiene er sonst im Jahr. Corona habe das nun zunichte gemacht. „Ich leide an einem chronischen Mangel an finanziellen Mitteln.“