Mitten im Streit über das Ergebnis der US-Wahl hat Justizminister William Barr seinen Rücktritt beim amtierenden Präsidenten Donald Trump eingereicht. In einem von Trump am Montagabend auf Twitter veröffentlichten Rücktrittsschreiben hieß es, Barr werde am 23. Dezember aus dem Amt ausscheiden. Trump schrieb auf Twitter, Barr habe einen "hervorragenden Job" gemacht. Dessen Stellvertreter Jeff Rosen werde das Amt geschäftsführend übernehmen.
Trump hatte am vergangenen Samstag scharfe Kritik an Barr geäußert. Das "Wall Street Journal" hatte zuvor berichtet, dass der Justizminister bereits seit dem Frühjahr von Ermittlungen gegen den Sohn des gewählten US-Präsidenten Joe Biden, Hunter Biden, gewusst habe. Barr habe die Ermittlungen aus dem Wahlkampf heraushalten wollen, hieß es in der Zeitung. "Eine große Enttäuschung!", schrieb Trump. "Warum hat Bill Barr der Öffentlichkeit vor der Wahl nicht die Wahrheit über Hunter Biden offenbart?"
Keine Belege für Wahlbetrug
Der Republikaner Trump erkennt den Wahlsieg des Demokraten Biden weiterhin nicht an und stellt sich als Opfer massiven Wahlbetrugs dar. Belastbare Belege dafür haben er und seine Anwälte nicht vorgelegt. Auch Barr hatte gesagt, dass er keine Beweise für massiven Wahlbetrug kenne. Trump setzt seine Bemühungen, das Ergebnis mit rechtlichen Schritten zu kippen, trotz Dutzender Rückschläge vor Gerichten in verschiedenen Bundesstaaten und dem Supreme Court in Washington weiter fort.
Fragwürdige Auslandsgeschäfte
Hunter Biden hatte am vergangenen Mittwoch mitgeteilt, dass auf Bundesebene gegen ihn wegen "Steuerangelegenheiten" ermittelt werde. Er war im Wahlkampf regelmäßig Ziel von Angriffen Trumps, der Korruptionsvorwürfe gegen die Biden-Familie erhob. Hintergrund sind fragwürdige Auslandsgeschäfte Hunter Bidens in der Ukraine und in China. Er hatte zwischen 2014 und 2019 einen lukrativen Posten im Aufsichtsrat des ukrainischen Gaskonzerns Burisma inne. Während seiner Zeit als US-Vizepräsident war Joe Biden federführend für die Ukraine zuständig.
Trump enttäuscht
Am Sonntag vergangener Woche hatten die "New York Times" und der Sender CNN berichtet, Barr erwäge seinen Rücktritt noch vor dem Jahresende. Trump hatte sich davor öffentlich enttäuscht über den Minister gezeigt, der eigentlich als sein enger Verbündeter gilt. Grund dafür waren dessen Aussagen in einem Interview, in dem er sich zu dem von Trump angezweifelten Wahlergebnis geäußert hatte. Barr sagte, er habe bisher keine Beweise für Betrug in einem Ausmaß gesehen, der zu einem anderen Wahlergebnis hätte führen können.
Trump ließ daraufhin offen, ob er an Barr festhalten will, und nannte das Justizministerium eine "Enttäuschung". Auf die Frage einer Reporterin, ob er Barr noch vertraue, sagte Trump: "Fragen Sie mich das in einigen Wochen." Trump hatte den 1950 geborenen Juristen im Dezember 2018 als Justizminister nominiert, nachdem der bisherige Amtsinhaber Jeff Sessions auf Bitten Trumps seinen Rücktritt eingereicht hatte.
Barr (70) hat sich seit seinem Amtsantritt hochgradig loyal gegenüber Trump gezeigt und auch regelmäßig Lob von ihm bekommen. Anfang des Jahres gab es allerdings Spannungen zwischen den beiden, weil Trump sich wiederholt per Twitter zu laufenden rechtlichen Verfahren äußerte. Das Justizministerium wies damals Spekulationen über angebliche Rücktrittspläne Barrs zurück.