Im Jahr 2004 unterlag John Kerry zwar im Rennen um das Weiße Haus gegen George W. Bush, dafür erfuhr er im Zuge des Wahlkampfs, dass er nicht irische Vorfahren hatte, wie er bis dahin dachte, sondern altösterreichische.
Ein Historiker hatte für den „Boston Globe“ recherchiert. Kerrys Vorfahren stammten aus Mähren, aus Schlesien, aus Österreich und aus Ungarn. Kerrys Großvater war jüdischer Herkunft, hieß ursprünglich Kohn und konvertierte gemeinsam mit seiner Frau in der Mödlinger Pfarrkirche Anfang des 20. Jahrhunderts zum Katholizismus. Die Familie wanderte in die USA aus und nannte sich fortan Kerry.
"Freund" Kurz
Wie verbunden der Langzeit-Senator aus Massachusetts mit Österreich ist, wurde im Zuge der Atomverhandlungen mit dem Iran 2015 in Wien deutlich. Der Jurist war damals US-Außenminister und hatte sich 19 Tage am Stück in der Bundeshauptstadt aufgehalten. Es war der „längste durchgängige Österreich-Aufenthalt eines US-Außenministers, den es je gab“, sagte uns Österreichs Botschafter in Washington, Martin Weiss, unlängst in einem Video-Interview. Später sollte sich John Kerry auch einmal bei seinem „Freund“ Sebastian Kurz - damals Außenminister - für die „überwältigende Gastfreundschaft“ bedanken, die er in Wien erfahren habe.
Mit dem 76-jährigen Kerry gibt Amerikas künftiger Präsident Joe Biden die US-Klimapolitik in die Hände eines Polit-Profis, zu dessen ersten Aufgaben es gehören wird, wieder dem Pariser Klimaabkommen beizutreten, aus dem Trump ausgestiegen war.
Nachkriegs-Berlin und Schweiz
In Europa kennt sich John Kerry, der seit 1995 mit Teresa Heinz verheiratet ist, einer der Erbinnen des Ketchup-Imperiums, bestens aus. Aufgrund des Diplomatenberufs seines Vaters lebte der 1,93 Meter-Hüne in den 1950er-Jahren abwechselnd in Berlin und in einem Internat in der Schweiz. Sein Einsatz in Vietnam Ende der 60er-Jahre machte ihn zum dezidierten Kriegsgegner und scharfen Kritiker dieses US-Feldzugs, was ihm viele Veteranen allerdings auch übel nahmen.