In Äthiopien soll eine Bande aus Jugendlichen in der Region Tigray nach Angaben von staatsnahen Menschenrechtlern bei einem Massaker mindestens 600 Zivilisten getötet haben. Der Vorfall ereignete sich demnach bereits am 9. November in Mai Kadra, wie die von der Regierung besetzte Äthiopische Menschenrechtskommission am Dienstag mitteilte. Die Bande soll mit Hilfe örtlicher Sicherheitskräfte gehandelt haben.
Das Massaker sei gezielt an Menschen verübt worden, die nicht zum Stamm der Tigray gehörten. Reuters konnte die Angaben zunächst aber nicht überprüfen, da die Telekommunikationswege in die Region Tigray weitgehend abgeschnitten sind.
Amnesty ist schon lange alarmiert
Die Führung der abtrünnigen Region konnte ebenso nicht unmittelbar kontaktiert werden. Amnesty International hatte bereits am 12. November von einem Massaker in der Gegend berichtet. Damals hatte die Führung der Tigray Befreiungsfront TPLF eine Verantwortung zurückgewiesen. Die Zentralregierung liefert sich mit der TPLF seit Anfang November Kämpfe. Hunderte, wenn nicht gar Tausende sind seitdem ums Leben gekommen. Zehntausende sind auf der Flucht, alleine im benachbarten Sudan suchen inzwischen 30.000 Menschen Zuflucht. Mehrere Staaten dringen auf eine friedliche Lösung, doch der 2019 mit dem Friedensnobelpreis geehrte Ministerpräsident Abiy Ahmed hält weiter an seiner Offensive fest.
Zuletzt stellte Abiy den Rebellen ein Ultimatum. Am Sonntag forderte er die TPLF auf, sich "innerhalb von 72 Stunden friedlich zu ergeben". Andernfalls werde das Militär mit einer Offensive auf die Regionalhauptstadt Mekelle beginnen. Am Montag hatten die Regierungstruppen die Stadt nach eigenen Angaben in einer Entfernung von 50 Kilometern umstellt.
Die Anführer der Aufständischen in der abtrünnigen äthiopischen Region Tigray haben das Ultimatum der Zentralregierung allerdings zurückgewiesen. Die Menschen der Region seien für die Verteidigung ihrer Heimat "bereit zu sterben", sagte Debretsion Gebremichael, Chef der in Tigray Volksbefreiungsfront TPLF der Nachrichtenagentur AFP.
Der Hintergrund
Der aktuelle Konflikt in der äthiopischen Region Tigray hat lange Wurzeln. Mit dem Umbau des Staates durch Premier Abiy Ahmed büßte eine bis dahin bestimmende Minderheit große Teile ihrer Macht ein. Die Tigray, die nur sieben Prozent der Bevölkerung stellen, tragen nun ihren Kampf ums politische Überleben aus. Nach Gräuelvorwürfen beider Seiten machten sich bereits Zehntausende auf die Flucht