Die Präsidenten Chinas und Russlands sowie führende EU-Vertreter haben Entwicklungsländern Zugang zu Corona-Impfstoffen angeboten. In Reden auf einem virtuellen G20-Gipfel betonten mehrere Redner am Samstag die Notwendigkeit, in der Krise global zusammenzuarbeiten. "Um die Pandemie einzudämmen, muss der Zugang zur Impfung für jedes Land möglich und bezahlbar sein. Dazu reichen die bisher zugesagten Mittel noch nicht aus", sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Ziel der internationalen Kampagne ist, bis Ende 2021 zwei Milliarden Impfdosen zu verteilen. "Für diese Initiative kamen bereits knapp fünf Milliarden US-Dollar zusammen. Deutschland beteiligt sich mit über einer halben Milliarde Euro", sagte Merkel. Die Kanzlerin forderte zudem, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nachhaltig zu stärken. "Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung, bessere Zusammenarbeit, mehr Unabhängigkeit", sagte sie.
Trump wirft Nähe zu China vor
Auf dem G20-Gipfel ist noch unsicher, ob die Stärkung der WHO in der gemeinsamen Schlusserklärung auftauchen wird, da die USA unter US-Präsident Donald Trump die WHO verlassen haben. Trump, der an der digitalen Konferenz ebenfalls teilnimmt, wirft der Organisation eine zu große Nähe zu China vor.
Saudi-Arabiens König Salman äußerte sich ähnlich. Als Gipfel-Gastgeber mahnte er, dass genug bezahlbarer Impfstoff für Entwicklungsländer zur Verfügung stehen müsse. US-Präsident Donald Trump lobte nach Teilnehmerangaben in seinem Beitrag dagegen vor allem das amerikanische Vorgehen in der Corona-Krise und sagte, dass die US-Unternehmen Moderna und Pfizer Impfstoffe entwickelt hätten. Pfizers deutschen Partner Biontech erwähnte er nicht.
Virtueller Gipfel
Das zweitägige Treffen der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer findet diesmal wegen der Corona-Krise nur virtuell statt. Hauptthemen sind der Kampf gegen die Pandemie, der damit verbundenen Wirtschaftseinbruch sowie der Klimawandel. Trump traf dabei - online - erstmals auf andere Regierungschefs wie Kanzlerin Angela Merkel, die bereits Joe Biden zum Sieg bei der US-Präsidentenwahl gratuliert haben.
Chinas Präsident Xi forderte auch eine internationale Zusammenarbeit, um internationale Reisen in der Corona-Krise einfacher zu machen. China werde einen Vorschlag vorlegen, wie Reisende mit digitalen Gesundheitscodes nachweisen könnten, dass sie negativ getestet wurden. Russlands Präsident Wladimir Putin bot den in seinem Land entwickelten Impfstoff Sputnik V an und betonte, die Forscher seien dabei, einen zweiten und dritten Corona-Impfstoff zu entwickeln. Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wiederum forderten eine stärkere finanzielle Unterstützung der bereits existierenden internationalen Covax-Initiative, die Corona-Impfstoffe auch für Entwicklungsländer zur Verfügung stellen soll.
Faire Verteilung gefordert
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, orderte die G20-Staaten auf, weltweit eine "faire Verteilung" der Corona-Impfstoffe zu gewährleisten. Die sei die Voraussetzung zur Eindämmung der Pandemie und für eine schnellere Erholung der Weltwirtschaft. Den Ländern der G20, die zwei Drittel der Weltbevölkerung und 80 Prozent der globalen Wirtschaft repräsentierten, komme dabei besondere Verantwortung zu, sagte er dem von der WHO verbreiteten Redetext zufolge.
In Auszügen eines Entwurfs für die Abschlusserklärung heißt es, die Gruppe werde alles ihr Mögliche tun, um die Pandemie einzudämmen und Leben, Jobs und Einkommen zu schützen. Zugleich warnen die 20 Industrie- und Schwellenländer, dass die globale wirtschaftliche Erholung "unausgeglichen, höchst unsicher" bleibe und mit "erhöhten Abwärtsrisiken" behaftet sei. Einige ärmere Länder bräuchten womöglich weiterreichende Schuldenerleichterungen. Die Pandemie treffe die Schwächsten in der Gesellschaft am härtesten.
An den Beratungen nehmen auch die Präsidenten internationaler Organisationen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF) oder der Weltbank teil.
Kerkermeister für Journalisten
Am Rande des Gipfels kritisierte die Organisation Reporter ohne Grenzen, Gastgeber Saudi-Arabien sei einer der "erfolgreichsten Kerkermeister für Journalisten" weltweit. Das Königreich schränke die Pressefreiheit so stark ein wie kaum ein anderes Land. 34 Journalisten säßen wegen ihrer Arbeit dort derzeit im Gefängnis. Die französische Organisation verwies auch auf den brutalen Mord am regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018. Saudi-Arabien steht wegen Menschenrechtsverletzungen immer wieder unter Beschuss.