Nach dem Messerangriff in Nizza mit drei Toten hat die französische Polizei zwei weitere Personen festgenommen.Dabei soll es sich um Männer im Alter von 25 und 63 Jahren handeln, teilte die französische Nachrichtenagentur AFP unter Bezug auf Justizkreise am Sonntag mit. Damit wurden seit dem Anschlag in der Kirche am Donnerstag neben dem Täter sechs Personen in Polizeigewahrsam genommen.
Wie aus Polizeikreisen verlautete, konzentrierten sich die Ermittler auf die zuletzt bekannten Kontakte des mutmaßlichen Täters, eines 21-jährigen Tunesiers. So wurden dem Sender BFM TV zufolge bereits am Samstag zwei Männer aus der südfranzösischen Stadt Grasse festgenommen, die in der Nähe von Nizza liegt.
Auch die italienischen Ermittler fahnden nach Kontaktpersonen des mutmaßlichen Attentäters, der am 20. September auf der italienischen Insel Lampedusa angekommen war. Anfang Oktober soll er dann per Schiff in die Stadt Bari auf dem italienischen Festland gelangt sein. Es werde geprüft, ob er sich anschließend für zehn Tage in der sizilianischen Stadt Alcamo aufgehalten habe.
Ermittelt wird auch im Heimatland des mutmaßlichen Attentäters. Tunesische Sicherheitskräfte nahmen am Samstag einen Mann fest, der sich im Namen einer bisher unbekannten Gruppe zu dem Messerangriff in Nizza bekannt hatte. Wahrscheinlich gebe es noch eine zweite Person, die ihm bei der Aufnahme des vorgeblichen Bekennervideos geholfen habe, sagte ein Justizsprecher. Justizbehöden bezweifeln jedoch, dass die Gruppe mit dem Namen "Ansar al-Mahdi in Tunesien und im Maghreb" überhaupt existiert.
Bei dem als islamistischer Terroranschlag eingestuften Angriff hatte der Tunesier in der Kirche Notre Dame im Zentrum der südfranzösischen Stadt den Mesner und zwei Frauen tödlich verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde anschließend von Polizeikugeln getroffen und befindet sich derzeit in kritischem Zustand im Krankenhaus.
Gedenken an die Opfer
Anlässlich der Messe zu Allerheiligen wurde am Sonntag in der Kirche Saint-Jean-Baptiste Le Voeu in Nizza den drei Opfern des Messerangriffs gedacht, wie die Agentur weiter berichtete. In Nizza wurden nach Angaben des Bürgermeisters der Stadt, Christian Estrosi, 120 Polizisten und 60 weitere Soldaten zur Bewachung der Kirchen mobilisiert.
Unterdessen hoffte die französische Polizei nach den lebensgefährlichen Schüssen auf einen orthodoxen Priester in Lyon am Samstag auf neue Erkenntnisse. Wie der Staatsanwalt von Lyon, Nicolas Jacquet, am Samstag sagte, wurde ein Verdächtiger festgenommen. Der Mann habe den Beschreibungen von Augenzeugen entsprochen. Das Jagdgewehr, mit dem er zweimal in der Stadt im Südosten Frankreichs auf den griechischen Priester geschossen haben soll, wurde bei dem Verdächtigen jedoch nicht gefunden.
Die Justiz ermittelt zunächst wegen versuchten Mordes, weil von einer persönlichen Abrechnung ausgegangen wird. Die Anti-Terror-Fahnder der französischen Staatsanwaltschaft haben die Ermittlungen noch nicht übernommen.
In Frankreich gilt derzeit die höchste Terror-Warnstufe. Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, die Zahl der zum Schutz von Gotteshäusern und Schulen abgestellten Soldaten von 3.000 auf 7.000 zu erhöhen.
Wegen der erneuten Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen durch die Satirezeitung "Charlie Hebdo" hat sich die Stimmung in muslimisch geprägten Ländern zuletzt gegen Frankreich aufgeheizt. In Staaten wie Pakistan und Bangladesch gingen zuletzt tausende Menschen bei anti-französischen Protesten auf die Straße und verbrannten Macron-Bilder.
Macron hatte sich nach der Ermordung eines Geschichtslehrers vor zwei Wochen in Paris für das Zeigen der Karikaturen vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit ausgesprochen. Der Pädagoge Samuel Paty war von einem Attentäter enthauptet worden, weil er Karikaturen des Propheten Mohammed im Unterricht gezeigt hatte.
In einem Interview mit dem Fernsehsender Al Jazeera, das am Samstagnachmittag ausgestrahlt werden sollte, erklärte Macron: "Ich verstehe, dass man von Karikaturen schockiert sein kann, aber ich werde niemals akzeptieren, dass man Gewalt rechtfertigt ... Unsere Freiheiten, unsere Rechte - ich sehe es als unsere Bestimmung an, sie zu schützen." Er betonte auch, dass die Karikaturen nicht von der französischen Regierung, sondern von freien und unabhängigen Medien veröffentlicht wurden.