Boris Johnson erklärte Anfang der Woche, dass aufgrund der hohen Corona-Fallzahlen in Großbritannien das Alltagsleben wieder massiv eingeschränkt werden müsse. In Liverpool etwa dürfen sich von heute an Menschen aus unterschiedlichen Haushalten weder drinnen noch draußen treffen. Sie dürfen nicht mehr in die Pubs, und auch die Fitness-Studios haben geschlossen.
Aber auch in den anderen Landesteilen des Königreichs steigt die Zahl der Corona-Infizierten wieder massiv an. Die Zahl der Menschen, die deswegen in ein Spital müssen, ist inzwischen höher als vor dem landesweiten Lockdown im März.
Opposition fordert Lockdown
Der britische Oppositionsführer Keir Starmer fordert daher einen zwei- bis dreiwöchigen Lockdown in Großbritannien. Der Regierung von Premierminister Boris Johnson warf Starmer zuletzt vor, gänzlich die "Kontrolle verloren" und die Ratschläge seiner wissenschaftlichen Berater ignoriert zu haben. Gesundheitsminister Matt Hancock konterte darauf, die Regierung habe aus Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen nicht alle Maßnahmen umgesetzt. Für Angehörige von Corona-Toten ist das nur noch blanker Zynismus. Die Wut auf den offensichtlichen Kontrollverlust der Regierung steigt im Vereinigten Königreich.
Starmer forderte das Herunterfahren, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Darin liege eine Chance, Fehler der Regierung zu berichtigen. "Wenn wir der Wissenschaft folgen und den Kreislauf unterbrechen, können wir dieses Virus unter Kontrolle bekommen", sagte Starmer. "Wenn wir das nicht tun, erwartet uns ein langer, trostloser Winter."
Johnson gerät immer mehr unter Druck, weil Details der von dem wissenschaftlichen Beratergremium der Regierung empfohlenen Maßnahmen bekannt wurden. Der Premierminister hatte nur einen der fünf empfohlenen Punkte umgesetzt und die Menschen aufgefordert, von zu Hause aus zu arbeiten. Ein Sprecher des Premierministers verteidigte diese Entscheidung am Dienstag erneut mit dem Hinweis auf die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft.
Arbeitsministerin Therese Coffey erklärte am Mittwoch dem Sender Sky, dass Johnson derzeit keinen landesweiten Lockdown anstrebe.
Keine Entspannung in Sicht
Großbritannien hat bisher mehr als 43.000 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus verzeichnet. Derzeit liegt die Zahl der ins Krankenhaus eingewiesenen Corona-Patienten höher als zum Zeitpunkt des ersten Lockdowns am 23. März.