Die zwischen Armenien und Aserbaidschan vereinbarte Waffenruhe im Konflikt um Berg-Karabach ist bis Sonntagmorgen nicht vollständig in die Tat umgesetzt worden. Beide Seiten warfen einander auch am frühen Morgen Verstöße gegen die Abmachung und weitere Angriffe vor. Russland bemühte sich unterdessen, die Konfliktparteien an die mit Moskauer Hilfe ausgehandelte Feuerpause zu erinnern.
Am frühen Sonntagmorgen meldeten aserbaidschanische Medien Artillerieangriffe der armenischen Seite auf die Stadt Ganja im Westen des Landes. Unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Baku berichtete die Agentur Azertag, die Stadt sei in der Nacht beschossen worden. Nach einem Bericht der "Bakupost" wurden beim Einschlag eines Projektils in ein Wohnhaus drei Menschen getötet und 40 weitere verletzt.
Auch Armenien sprach von fortgesetzten Angriffen des aserbaidschanischen Militärs auch nach Samstagmittag, als die Waffenruhe in Kraft treten sollte. Außenminister Sohrab Mnazakanjan forderte die Gegenseite auf, die Waffenruhe zu respektieren und in die Tat umzusetzen. Er warf dem aserbaidschanischen Militär fortgesetzte Angriffe gegen Stepanakert, die Hauptstadt der umkämpften Region Berg-Karabach, auch in der Nacht vor. "Das ist abscheuliche Aggression", twitterte er.
Die Angaben der Konfliktparteien konnten von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden.
Russland erinnerte unterdessen nach neuen Kämpfen die beiden verfeindeten Nachbarn an die strikte Einhaltung der ausgehandelten Waffenruhe für die Unruheregion Berg-Karabach. Es sei notwendig, dass an den Vereinbarungen festgehalten werde, teilte das Außenministerium in Moskau am späten Samstagabend mit. Außenminister Sergej Lawrow habe dies bei Telefongesprächen mit seinen Kollegen aus Aserbaidschan und Armenien, Jeyhun Bayramov und Sohrab Mnazakanjan, noch einmal besprochen. Beide hatten zuvor in stundenlangen Verhandlungen in Moskau einer Feuerpause ab Samstag zugestimmt.
Seit dem Ausbruch der Kämpfe zwischen aserbaidschanischen und armenischen Truppen Ende September wurden auf beiden Seiten Hunderte Menschen getötet. Es sind die heftigsten Kämpfe in dem Jahrzehnte alten Konflikt seit der Einigung auf einen Waffenstillstand 1994.