Nach seiner Corona-Infektion übt US-Präsident Donald Trump weiter die Amtsgeschäfte aus. Das könnte sich aber ändern, sollte der 74-Jährige schwer erkranken. In diesem Fall würde Vizepräsident Mike Pence das Amt übernehmen. Ein Überblick über Regelungen und Präzedenzfälle.
Die allgemeine Regelung in der US-Verfassung
Festgehalten ist die Übergabe der Amtsgeschäfte an den Vizepräsidenten in der US-Verfassung. Im ersten Abschnitt des zweiten Artikels heißt es: "Im Falle der Amtsenthebung des Präsidenten oder seines Todes, Rücktritts oder der Unfähigkeit zur Wahrnehmung der Befugnisse und Obliegenheiten seines Amtes geht es auf den Vizepräsidenten über." Über die genauen Abläufe bleibt die Verfassung aber sehr vage.
Der 25. Zusatzartikel zur Verfassung
Nach der Ermordung von Präsident John F. Kennedy 1963 wurden die Prozeduren deswegen im 25. Zusatzartikel zur Verfassung präzisiert. Der Verfassungszusatz trat 1967 in Kraft.
Szenario 1: Der Präsident übergibt selbst die Amtsgeschäfte
Mit dem Fall einer schweren Erkrankung des Präsidenten befasst sich zunächst Abschnitt 3 des Zusatzartikels. Demnach kann der Präsident die Spitzen des Kongresses darüber informieren, "dass er unfähig ist, die Befugnisse und Obliegenheiten seines Amtes wahrzunehmen". In diesem Fall werden "diese Befugnisse und Obliegenheiten vom Vizepräsidenten als amtierendem Präsidenten wahrgenommen".
In der US-Geschichte wurde dieser Abschnitt drei Mal angewandt. Im Juli 1985 musste sich der damalige Präsident Ronald Reagan unter Vollnarkose einen Polypen aus dem Dickdarm entfernen lassen. Sein Stellvertreter George H.W. Bush übte das Präsidentenamt damals für rund acht Stunden aus.
Bereits vier Jahre zuvor war ein entsprechendes Schreiben an den Kongress aufgesetzt worden, nachdem Reagan bei einem Attentat schwer verletzt worden war. Der Brief wurde letztlich aber nicht abgeschickt. Präsident George W. Bush übertrug dann im Juni 2002 und im Juli 2007 die Macht jeweils kurzzeitig an seinen Vize Dick Cheney, als er sich unter Betäubung Darmspiegelungen unterzog.
Szenario 2: Der Präsident kann - oder will - das Amt nicht übergeben
Der 25. Verfassungszusatz sieht noch einen weiteren Fall vor: Dass der Präsident seine Unfähigkeit zur Amtsausübung nicht selbst erklären kann - oder es nicht will.
In diesem Fall können laut Abschnitt 4 der Vizepräsident und eine Mehrheit des Kabinetts den Kongress darüber informieren, dass der Präsident amtsunfähig ist. Widerspricht der Präsident dieser Einstufung, müsste der Kongress entscheiden. Notwendig für eine Übertragung des Amtes gegen den Willen des Präsidenten wären Zweidrittel-Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus. Abschnitt 4 ist in der US-Geschichte noch nie zur Anwendung gekommen.
Die Szenarien im Fall Trump
Derzeit hat der Präsident nach Angaben des Weißen Hauses nur "leichte Symptome" und führt deswegen weiter die Amtsgeschäfte. Sollte er schwer erkranken, könnte eines der beiden oben genannten Szenarien eintreten.
"Wenn dem Präsidenten klar wird, dass sich sein Zustand verschlechtert und er nicht in der Lage ist, seine Amtspflichten wahrzunehmen, kann er Abschnitt 3 aktivieren", erklärt John Hudak von der Denkfabrik Brookings Institution. Sollte sich der Zustand des Präsidenten aber rapide verschlechtern und er das Amt nicht selbst an seinen Stellvertreter Pence übergeben können, könnten der Vizepräsident und die Regierung Abschnitt 4 aktivieren.
Der 25. Verfassungszusatz in der Russland-Affäre
Zwar wurde Abschnitt 4 noch nie angewandt; 2017 soll der stellvertretende US-Justizminister Rod Rosenstein aber über eine Absetzung Trumps auf dieser Grundlage nachgedacht haben. Das erklärte der damalige FBI-Interimschef Andrew McCabe. Zuvor hatte Trump im Zuge der Russland-Affäre FBI-Chef James Comey gefeuert. Rosenstein hat McCabes Angaben dementiert.