Was Donald Trump wohl geritten hat, dass er ausgerechnet Bob Woodward erzählte, dass ihm die Gefahren durch das Corona-Virus schon lange bewusst waren und er sie dennoch herunterspielte. 191.000 Menschen sind in den USA bisher daran verstorben. Trump hätte wissen müssen, dass ein Interview mit Amerikas berühmtestem Aufdecker-Journalisten und zweimaligem Pulitzerpreis-Gewinner kein gemütliches Kaffeekränzchen wird. Woodward ist inzwischen 77, doch auf die Kunst, seinem Gegenüber Aussagen aus der Nase zu kitzeln, die gar nie für die Öffentlichkeit bestimmt waren, versteht er sich immer noch.



Zur Journalisten-Legende wurde Woodward schon als Jungreporter: 1971 begann er für die „Washington Post“ zu arbeiten. Gemeinsam mit seinem Kollegen Carl Bernstein spürte er damals dem rätselhaften Einbruch in ein Büro der US-Demokraten nach, das im Watergate-Komplex eingemietet war. Zwei Jahre lang recherchierten die beiden und legten Machtmissbrauch und dessen Vertuschung unter Präsident Nixon frei: 1974 trat dieser wegen der Watergate-Affäre zurück.

Jetzt legt Woodward, der nicht vorhat, sich in den Ruhestand zu begeben, sein zweites Buch über Donald Trump vor: „Rage“ – Wut. Obwohl er keinen Hehl daraus macht, Trump für ungeeignet für das Präsidentenamt zu halten, lässt sich Woodward nicht ins Linke Eck stellen. 2010 nahm er Obamas Feldzüge im Irak und in Afghanistan kritisch unter die Lupe. Zugleich unterstützte er anfangs Bushs Angriffe auf den Irak.

Woodward, in dritter Ehe verheiratet, ist bekannt dafür, bis ins kleinste Detail zu recherchieren und Ereignisse dann so zu erzählen, als seien er und der Leser live dabei. Irrtümer wurden ihm nur selten nachgewiesen. Er sammle Fakten, um Fehler im System zu erkennen, damit dieses verbessert wird, sagte Woodward über sich selbst. Er schreibe nichts, was er nicht belegen könne. Trumps Corona-Bekenntnis hat Woodward mitgeschnitten – leugnen sinnlos.