Sie lauerten ihm vor seiner Wohnung auf, schlugen ihn nieder, auf den Kopf, auch dann noch, als er bereits auf dem Boden lag: Am Sonntag wurde Jegor Schukow zumindest vorübergehend zum Verstummen gebracht. Der junge Journalist und Blogger, der sich in seinen Videos kritisch über die Politik von Kreml-Chef Putin geäußert hatte, musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Schukow hatte kürzlich Oppositionsführer Alexej Nawalny interviewt, der weiter im Koma liegt – nach Ansicht Berliner Ärzte aufgrund einer Vergiftung.
Schwere innere Verletzungen habe Schukow nicht erlitten, teilte sein Team gestern mit. Gott sei Dank. Der eloquente 22-Jährige studierte an der angesehenen „Higher School of Economics“ in Moskau und gilt in Oppositionskreisen als Nachwuchstalent. Er setzte sich für demokratische Verhältnisse ein und opponierte gegen die Annullierung von Putins bisherigen Amtszeiten, die diesem ermöglichte, auch bis 2032 im Amt zu bleiben. Mit seinem Videokanal im Internet hatte Schukow ein großes Publikum erreicht. Er gilt als Vertreter jener Generation junger Russen, die nie einen anderen Kreml-Chef miterlebt haben als Putin. Und gerade unter den Jungen regt sich Widerstand dagegen.
An Protesten teilgenommen
Im Vorjahr hatte Schukow an Protesten teilgenommen, die sich gegen den Ausschluss oppositioneller Kandidaten bei der Wahl zum Moskauer Stadtparlament richteten. 1400 Demonstranten wurden festgenommen – darunter Schukow. Er fasste drei Jahren Haft auf Bewährung aus und musste seinen Blog schließen. Seit dem arbeitete er für den Sender „Echo Moskwy“.
In einer Reaktion wies der junge Mann den von den Behörden erhobenen Extremismus-Vorwurf scharf zurück: Sein Engagement beruhe auf christlichen Werten; der Staat dagegen entmenschliche seine Bürger. Obwohl die Führung der russisch-orthodoxen Kirche heute eng mit dem Kreml verbunden ist, forderten auch mehr als 100 Priester in einem offenen Brief, Barmherzigkeit walten zu lassen.