Katar hatte zuletzt allen Grund, seine Geldanlagen zu feiern. Der Champions-League-Finalist Paris St. Germain gehört vollständig der Investorgruppe „Qatar Sports Investments“ und beim Sieger Bayern München ist Katar über seine Airline einer der Hauptsponsoren. Seit Jahren schon müht sich der kleine Staat am Persischen Golf, über Sport sein Image aufzubessern. Die Weltmeisterschaften der Schwimmer, Handballer und Leichtathleten fanden bereits in der Hauptstadt Doha statt, die Fußballer sollen 2022 folgen und für Olympia 2032 hat das Emirat ebenfalls Geld aus seinem Rohstoffschatz reserviert. Das weltgrößte Gasfeld wird von Iran und Katar beansprucht.
Doch nun haben zwei französische Investigativjournalisten Licht in die „Grauzone“ dieser Investitionspolitik gebracht. Ein anonymer Whistleblower spielte Christian Chesnot und Georges Malbrunot Ende 2016 Tausende vertrauliche Dokumente der NGO „Qatar Charity“ zu, der größten Hilfsorganisation der Golfstaaten. Der brisante Inhalt: das Missionierungs- und Finanzierungsprogramm der absolutistischen Erbmonarchie, die den Islam als Staatsreligion verankert hat und die Scharia laut Verfassung als Hauptquelle der Gesetzgebung ansieht. Das Ziel ist die Stärkung des politischen Islams in ganz Europa.
Geheimpapiere aus Katar
Wie groß der Einfluss ist und wie diese Unterwanderung gelingen konnte, belegen die Journalisten in „Qatar Papers“. Sie veröffentlichen zum ersten Mal Datenmaterial, das zeigt, wie Moscheen, islamische Organisationen und Bildungsinstitutionen mit Millionenbeträgen unterstützt werden. Finanziert werden dabei Einrichtungen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft. Die deutschsprachige Fassung im Wiener Seifert Verlag enthält Kapitel mit Datenmaterial über Deutschland und Österreich.
Die Muslimbruderschaft, so heißt es im Buch, „gilt heute nicht nur als große und einflussreichste islamistische Bewegung weltweit, sondern auch als Matrix aller islamistischen Terrororganisationen“. Dies betreffe gleichermaßen Hamas, IS, Taliban, Jamaat-e-Islami, Boko Haram oder Al-Kaida, die alle mit der Muslimbruderschaft ideologisch, finanziell oder personell eng verbunden seien. Die Autoren, obwohl Nahost-Experten, geben in der Einleitung zu, das Ausmaß der Finanzierung von islamistischen Strukturen durch Katar in Europa lange unterschätzt zu haben. „Immerhin handelt es sich um 138 Moscheen und islamische Zentren in Europa, die vom superreichen Zwergstaat Katar finanziell unterstützt werden.“ Die NGO investierte 2014 den Daten nach rund 72 Millionen Euro in 113 Moscheen und islamische Einrichtungen in 14 Ländern Europas.
In den „Qatar Papers“ finden sich auch Hinweise auf das Islamische Kulturzentrum Graz und auf den Vorsitzendem Mahdi Mekic. Das Zentrum geriet immer wieder in den Verdacht, es habe Geld aus dem arabischen Raum erhalten, was aber bis heute bestritten wird.
Spuren auch nach Österreich
So enthielt der mysteriöse USB-Stick auch ein mit 4. Juni 2014 datiertes Empfehlungsschreiben, das der Ex-IGGÖ-Präsident Fouad Sinj an den katarischen Botschafter Ali Khalfan al-Mansouri in Wien gerichtet hat und in dem er Doha die Islamische Vereinigung in Österreich empfiehlt. Die Autoren vermuten, dass es sich dabei um eine erste Kontaktaufnahme mit Qatar Charity handeln könnte, um eine Finanzierung zu erreichen. Es gibt weitere brisante Briefe nach gleichem Muster, die auch in anderen Ländern gefunden wurden.
Die Journalisten halten fest, dass es dabei nicht um illegale Finanzierungen gehe, sondern eine gefährliche Entwicklung für Europa dokumentiere, wenn damit die Muslimbruderschaft gestärkt werde. Vor allem die Unterwanderung französischer Gemeinden durch die charitative Organisation, die die Journalisten detailreich dokumentieren, klingen erschreckend.
Ingo Hasewend