Mit einer eindringlichen Rede hat Joe Biden den viertägigen Parteitag der US-Demokraten beendet und damit auch seine Nominierung als Präsidentschaftskandidat für die Wahl am 3. November. Der 77-jährige ehemalige US-Vizepräsident unter Barack Obama wird dann den Amtsinhaber und Republikaner Donald Trump herausfordern. Er zeichnete er sein "Versprechen für Amerika" nach, dass er seinem Volk als Präsident geben werde.

So versprach Biden in seiner Nominierungsrede, die derzeitige "Spaltung" des Landes zu überwinden. Unter Präsident Trump gebe es "zu viel Wut, zu viel Angst, zu viel Spaltung", sagte Biden in seiner mit Spannung erwarteten Parteitags-Ansprache. "Vereint können und werden wir diese Zeit der Dunkelheit in Amerika überwinden."

Er werde ein "Verbündeter des Lichts, nicht der Dunkelheit", sagte der frühere Vizepräsident. Er setzt auf "Hoffnung statt Angst, Fakten statt Fiktion, Fairness statt Priviliegen". Der 77-Jährige kündigte unter anderem an, bei einem Wahlsieg am ersten Amtstag eine nationale Strategie im Kampf gegen die Corona-Pandemie umzusetzen.

Mit Lachern gegen Trump

Nach der schonungslosen Kritik an Präsident Donald Trump beim Parteitag der US-Demokraten schlug am vierten Abend am Donnerstag die Stunde der Witze. Schauspielerin Julia Louis-Dreyfus ("Seinfeld") setzte unter anderem auf Scherze über den Amtsinhaber, um die SMS-Info-Nummer des Wahlkampfteams seines Herausforderers Joe Biden in die Köpfe zu bringen. "30330 - das wäre das Golf-Handicap von Donald Trump, wenn er nicht schummeln würde", war einer davon.

Oder: "Ein einfacher Weg, sich 30330 zu merken, ist, dass es das Jahr ist, in dem Donald Trump endlich seine Steuererklärung freigeben wird." Normalerweise veröffentlichen Präsidentschaftskandidaten in den USA bereits im Wahlkampf ihre Steuererklärungen. Trump kämpft vor Gericht gegen Versuche von Staatsanwälten, Zugang zu seinen Finanzdaten zu bekommen. Einen kurzen Auftritt hatte auch die Komödiantin Sarah Cooper, die in Internet mit ihren kurzen Videos populär wurde, in denen sie ihre Lippen zu Aufnahmen von Trumps Reden bewegt.

Seitenhieb auf Soziale Medien

Auch ein Seitenhieb gegen Facebook - ein wichtiges Medium für Trump - blieb nicht aus. "Wenn wir alle wählen, gibt es nichts, was Facebook, Fox News und Wladimir Putin tun können, um uns zu stoppen", sagte Louis-Dreyfus (59), die den letzten Tag des weitgehend virtuellen Parteitags moderierte.

Facebook wird kritisiert wegen der Entscheidung, Äußerungen von Politikern grundsätzlich keinen Faktenchecks zu unterziehen. Den Sender Fox News halten Kritiker für ein Sprachrohr des Präsidenten. Und Russland werden Versuche vorgeworfen, sich in US-Wahlen einzumischen.

Louis-Dreyfus spielte eine Vizepräsidentin in der Satire-Serie "Veep", während Biden Vize von Präsident Barack Obama war. Sie erinnerte sich, wie Biden ihr zum Titelfoto im Bordmagazin der amerikanischen Bahngesellschaft Amtrak gratulierte. "Joe Biden kann nicht nur lesen, sondern er liest auch alles", stellte sie fest - ein Seitenhieb gegen Amtsinhaber Trump, über den kolportiert wird, lesefaul zu sein.

Und beim Thema Glauben folgte die nächste Spitze gegen Trump: "Joe Biden geht so regelmäßig in die Kirche, dass er sogar ohne Tränengas und Bundestruppen dort hinkommt." Bei den Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus hatten Sicherheitskräfte des Bundes Demonstranten aus einem Park vor dem Weißen Haus gedrängt, bevor Trump zur einer nahe gelegenen Kirche ging, vor der er sich mit einer Bibel in der Hand fotografieren ließ.

Der Auftrag

Bidens Kontrahent in den Vorwahlen der Demokraten, Pete Buttigieg, der ehemalige Bürgermeister von Sount Bend, erinnerte an die Folgen der Trumpschen Politik: "Vor etwas mehr als zehn Jahren ging ich zum Militär, wo es nicht nur möglich war, mich wegen meiner Person zu entlassen - es war Politik. Jetzt, im Jahr 2020, ist es in Amerika ungesetzlich, jemanden zu entlassen, weil er ist, wer er ist oder wen er liebt. Schon der Ring an meinem Finger zeigt, wie sich dieses Land verändern kann. Jeder Amerikaner muss sich jetzt entscheiden. Kann Amerika ein Ort sein, an dem es im Glauben um Heilung und nicht um Ausgrenzung geht?", fragte Buttigieg. "Können wir ein Land werden, das der Wahrheit gerecht wird, dass das Leben der Schwarzen zählt? Werden wir Fragen der Wissenschaft und Medizin behandeln, indem wir uns an Wissenschaftler und Ärzte wenden? Was werden wir tun, um Amerika zu einem Land zu machen, in dem niemand, der Vollzeit arbeitet, in Armut leben kann?"

Trump warnt vor Demokraten

Trump hat zeitgleich zur Rede Bidens vor der Wirtschaftspolitik seines Herausforderers gewarnt. Er und die Demokraten würden die Steuern der Amerikaner "verdoppeln, verdreifachen, vervierfachen" und die Wirtschaft in eine "Depression" stürzen, behauptete der Republikaner Trump in einem Gespräch mit dem konservativen Sender Fox News.

Trumps Interview überschnitt sich mit dem letzten Abend des Parteitags der Demokraten. Trump sagte, er werde sich Bidens Rede bei dem Parteitag auch anhören. Der Nominierungsparteitag der Republikaner findet in der kommenden Woche statt. Trump bewirbt sich bei der Wahl am 3. November um eine zweite Amtszeit. In dem Interview wiederholte Trump auch seine unbelegte Behauptung, dass bei der Abstimmung mit massivem Wahlbetrug zu rechnen sei. Wegen der starken Zunahme der Abstimmung per Briefwahl sei mit dem "größten Wahlbetrug der Geschichte" zu rechnen, warnte Trump. Experten, Demokraten und auch viele Republikaner haben Trumps Warnung vor massivem Wahlbetrug wiederholt zurückgewiesen.

In Bezug auf die Coronavirus-Pandemie sagte Trump erneut, diese befinde sich nun "hoffentlich" in den letzten Zügen. Dafür gab es jedoch keine glaubhaften Hinweise - in den USA wurden zuletzt weiterhin zwischen 40.000 und 50.000 Neuinfektionen pro Tag gemeldet. Mehr als 174.000 Menschen sind in den USA seit März nach einer Infektion gestorben. Die Demokraten machen Trump für das verheerende Ausmaß der Pandemie in den USA verantwortlich.