In Weißrussland hat die Polizei mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen. Es seien Schusswaffen bei den Protesten in der Stadt Brest im Südwesten des Landes zum Einsatz gekommen, teilte die Polizei mit. Mindestens ein Mensch wurde demnach verletzt. Zum Schusswaffeneinsatz kam es am Dienstag bei den Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko. "Eine Gruppe aggressiver Bürger mit Metallstangen in den Händen griffen Polizeimitarbeiter in Brest an", erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums. Daraufhin seien Schusswaffen zum "Schutz des Lebens und der Gesundheit" der Sicherheitskräfte zum Einsatz gekommen. "Einer der Angreifer" sei verletzt worden.
Der Amtsinhaber gewann offiziellen Angaben zufolge mit rund 80 Prozent der Stimmen. Die Opposition erkennt das Ergebnis nicht an und wirft Lukaschenko, der das Land seit 1994 autoritär regiert, Wahlbetrug vor. Westliche Beobachter stuften die Abstimmung - wie alle anderen Wahlen seit 1995 in dem Land - als weder frei noch fair ein.
Seit Tagen massiver Protest
Seit der umstrittenen Wahl vom Sonntag gehen landesweit Anhänger der Opposition auf die Straße. Dabei ging die Polizei auch in der Hauptstadt Minsk brutal mit Gummigeschossen und Tränengas gegen Demonstranten vor. Die Polizei hat in der dritten Nacht andauernder Proteste nach Regierungsangaben auch mehr als 1000 Demonstranten festgenommen. Bei den Ausschreitungen seien 51 Protestierende und 14 Sicherheitskräfte verletzt worden, teilte das Innenministerium in Minsk mit. Die Demonstranten liefen klatschend durch die Stadt und riefen "Haut ab! Am Montag war nach Regierungsangaben ein Demonstrant getötet worden, als ein Sprengsatz in seinen Händen explodierte.
Die EU kritisierte ebenso wie die österreichische Bundesregierung zudem einen "unverhältnismäßigen und inakzeptablen Einsatz staatlicher Gewalt". Daher werden am Freitagnachmittag die EU-Außenminister in einer informellen Videositzung über mögliche Sanktionen sprechen.
Kirche mischt sich ein
Angesichts der Gewalt ruft die katholische Kirche in Weißrussland alle Seiten zu einem Dialog "für eine friedliche Lösung der Probleme" auf. Zuvor kam es erneut zu Gewaltausbrüchen, vor allem in der Hauptstadt Minsk gab es in der Nacht auf Mittwoch schwere Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten.
"Wir beten darum, dass sich die Wut und die Proteste legen", sagte der Erzbischof von Minsk, Tadeusz Kondrusiewicz, der italienischen Nachrichtenagentur SIR. "Gewalt ist nie der richtige Weg. Nur mit dem Dialog lässt sich die Zukunft aufbauen", zitiert SIR den Erzbischof. Bereits am Dienstag hatte Kondrusiewicz zu Gebeten für eine "friedliche Beilegung" der Konflikte aufgerufen. Bisher sollen mehr als 5000 Menschen nach Protesten festgenommen worden sein, nachdem die Opposition das Ergebnis der Präsidentenwahl offiziell angefochten hat. Amtsinhaber Alexander Lukaschenko, bereits 26 Jahre im Amt, drohte mehrfach mit dem Einsatz von Militär.
EU-Außenminister beraten über Maßnahmen
Die Außenminister der EU-Staaten werden am Freitagnachmittag in einer außerplanmäßigen Videokonferenz über die jüngsten Entwicklungen in Weißrussland, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mit. Es werde auch über mögliche Sanktionen gegenüber Minsk nach der umstrittenen Präsidentenwahl sprechen, wurde aus Ratskreisen bestätigt.