Wegen mutmaßlicher Finanzvergehen hat der US-Bundesstaat New York die mächtige Waffenlobbygruppe NRA verklagt und eine Auflösung der Organisation verlangt. Generalstaatsanwältin Letitia James erklärte, NRA-Chef Wayne LaPierre und drei weitere Führungsvertreter hätten in großem Umfang Gelder der Organisation veruntreut.
Über drei Jahre habe die National Rifle Association so mehr als 64 Millionen Dollar verloren. Die Gelder seien nicht für ihren eigentlichen Zweck in der Organisation verwendet worden, erklärte James. Vielmehr hätten LaPierre und die drei anderen derzeitigen und früheren NRA-Spitzenvertreter das Geld unter anderem für Reisen auf die Bahamas, Privatjets und teures Essen ausgegeben.
"Der Einfluss der NRA ist so mächtig, dass sich die Organisation über Jahrzehnte jeder Kontrolle entzog, während Führungsvertreter Millionen in ihre eigenen Taschen umgeleitet haben", erklärte die Generalstaatsanwältin. Die NRA sei "behaftet von Betrug und Missbrauch" und müsse deswegen zerschlagen werden. "Wir ersuchen eine Auflösung der NRA, weil keine Organisation über dem Gesetz steht."
Eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis genug Beweise beisammen waren, um Klage gegen die NRA und ihre Führungskräfte zu erheben. Nun hat Letitia James die 164-seitige Klageschrift vorgestellt. NRA-Chef Wayne LaPierre und Generalsekretär John Frazer müssten ihrer Ämter sofort enthoben werden. Keiner der Angeklagten soll im Staat New York je wieder eine Führungsposition in einer gemeinnützigen Organisation übernehmen dürfen.
Die National Rifle Association ist eine der einflussreichsten Lobbyorganisationen der USA. Sie stemmt sich seit Jahrzehnten mit teilweise höchst umstrittenen Methoden gegen eine Verschärfung des US-Waffenrechts.
In den Vereinigten Staaten gibt es mehr Waffen als Einwohner. Möglich machen das Waffengesetze, die im Großteil des Landes mehr als liberal sind. In Staaten wie Texas oder Alaska können die meisten Waffen kinderleicht erstanden und bei sich getragen werden - ohne Waffenschein, Registrierung oder Überprüfung. Sturmgewehre oder Flinten können teils schon mit 18 gekauft werden - und damit drei Jahre bevor der Konsum von Alkohol erlaubt ist. Die Staaten mit den liberalsten Gesetzen führen auch die Statistik der Todesopfer durch Schusswaffen an.
Politische Lager eindeutig
Politisch sind die Lager klar verteilt: Demokraten sind für die Regulierung des Waffenbesitzes, Republikaner dagegen. Ein Phänomen, das relativ neu ist. Erst in den 70er-Jahren entdeckten beide Seiten, dass man mit diesem Thema Wähler an die Urnen locken kann. Das ist auch der National Rifle Association (NRA) zu verdanken. Jener mächtigen Waffenlobby, die Donald Trumps Wahlkampf mit 30 Millionen Dollar unterstützt hat und die öffentliche Meinung seit Jahrzehnten maßgeblich mitbestimmt.
Zahlen, Daten, Fakten
393 Millionen Waffen befinden sich im Privatbesitz von rund 326 Millionen Amerikanern. Damit gibt es in den USA mehr Waffen als Einwohner.
101 Schusswaffen kommen auf 100 Privatpersonen. Zum Vergleich: In Österreich sind es 30.
14 Jahre alt muss man z. B. im Bundesstaat Minnesota sein, um ein Gewehr kaufen zu können.
40 Prozent der weltweiten Waffen gehören Amerikanern und sind damit im Besitz von vier Prozent der Weltbevölkerung.