Die Niederlande, Schweden und Dänemark, die als Teil der "Sparsamen Vier" für Budgetkürzungen gekämpft hatten, sind zufrieden mit dem Ergebnis des EU-Finanzgipfels. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sprach am Dienstag in der Früh in Brüssel von einem "umfangreichen und guten Paket, durch das die niederländischen Interessen gewahrt bleiben."
Nach Ruttes Worten ist wichtig, dass Länder "auf Reformen festgenagelt werden können". "Das sorgt für starke Mitgliedsstaaten und einen starken internen Markt." Ruttes rechtspopulistischer Gegenspieler Geert Wilders ließ jedoch kein gutes Haar an der Einigung. "Doch 390 Milliarden Euro Zuschüsse für Südeuropa. ... Wahnsinn! Milliarden weggeschmissen, die wir im eigenen Land ausgeben müssten", twitterte der frühere Parteifreund Ruttes am Dienstag.
Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven bezeichnete es angesichts der "vielen Herausforderungen" für Europa als "wichtig, dass das Budget steht". Er sprach von harten Verhandlungen, doch hätten die schwedischen Interessen trotz der schweren Ausgangslage "großen Einfluss" gehabt, so Löfven. Er zeigte sich erfreut, dass die schwedischen Beitragsrabatte "so hoch wie niemals zuvor seien" und strich hervor, dass es erstmals ein EU-Regelwerk gebe, das rechtsstaatliche Prinzipien mit der Auszahlung gemeinsamer Mittel verknüpfe. "Das ist eine große Veränderung."
Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen wertete die Einigung als sowohl für ihr Land als auch für Europa "äußerst zufriedenstellend". Das Wichtigste sei natürlich, dass man sich nun daran machen könne, die europäische Wirtschaft nach der Coronakrise wiederherzustellen, sagte sie am Dienstagvormittag Reportern in Brüssel. Die Vereinbarung habe weiter ein großes Volumen, aber nun eine bessere Balance, sagte sie mit Blick auf den 750 Milliarden Euro schweren EU-Wiederaufbaufonds.
Aus dänischer Sicht sei wichtig, einen großen Rabatt erhalten zu haben. "Das lässt erkennen, dass man gleichzeitig für dänische und für europäische Interessen kämpfen kann", sagte Frederiksen. Insgesamt handle es sich um eine sehr gute Einigung für Europa und eine sehr gute Einigung für Dänemark.
Drama beim Gipfel
Die "Sparsamen" sorgten für Drama beim Gipfel und dafür, dass das gemeinsame Ambitionsniveau gegenüber den Entwürfen Deutschlands und Frankreichs sowie der EU-Kommission gesenkt wurde. Stück für Stück musste EU-Ratspräsident Charles Michel - unterstützt von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Macron - den "Frugalen" mit jedem Kompromissvorschlag noch weiter entgegenkommen, bis sich die Höhe der nicht zurückzahlbaren Zuschüsse im Aufbaufonds auf 390 Milliarden statt der ursprünglich geplanten 500 Milliarden einpendelte.
Kurz und Rutte können sich als Sieger fühlen, die beiden profilierten sich - wenn auch nicht zur Freude aller. Durch ihr geschlossenes Auftreten holten die "Frugalen" am Ende sogar weit höhere EU-Budgetrabatte als erwartet für ihre Länder heraus - dies ist etwa dem EU-Parlament ein Dorn im Auge, das solche Vergünstigungen mit dem Austritt Großbritanniens eigentlich abschaffen will. "Wir sind besorgt über eine Zukunft, in der die europäische Solidarität und die Gemeinschaftsmethode verloren gehen", beklagte EU-Parlamentschef David Sassoli. Kurz mache "Karriere auf Kosten Europas", titelte die deutsche "Zeit".
Der Kanzler will hingegen nicht als schlechter Europäer gelten, nur weil er nationale Interessen vertritt. "Jeder ist der Europäischen Union, aber vor allem auch seinem Land verpflichtet. Jeder ist seinen Wählerinnen und Wählern verpflichtet, der Bevölkerung seines Landes", sagte Kurz.
Geht es nach Kurz, sind die "Frugalen" in der EU zusammengekommen, um auch in Zukunft ein Machtfaktor zu bleiben. Damit positioniert sich Österreich erstmals seit Jahren wieder klar in einer "Gruppe von Gleichgesinnten". Mit den Visegrad-Staaten teilte Kurz zwar die harte Linie in der Flüchtlingskrise, beim Gipfel wurden aber auch die Trennlinien deutlich. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki kritisierte die "selbstsüchtige" Gruppe um Österreich.
Die Niederlande, Schweden, Dänemark und Österreich waren gemeinsam dafür eingetreten, dass die Coronahilfen nicht als Zuschüsse, sondern nur als Kredite vergeben werden. Letztlich mussten sie aber zustimmen, dass 390 Milliarden Euro an Zuschüssen an die von der Coronakrise betroffenen Länder fließen.