Merkel sagte am Montag im Brüsseler Ratsgebäude, es gebe "Hoffnung, dass es heute vielleicht zu einer Einigung kommt oder eine Einigung möglich ist". Macron äußerte sich ähnlich, fügte aber hinzu, er bleibe "sehr
vorsichtig".
"Wir haben gestern Nacht nach langer Verhandlung einen Rahmen für eine mögliche Einigung erarbeitet. Das ist ein Fortschritt", so Merkel. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron will an ihrer Seite weiterkämpfen. In den nächsten Stunden gehe es um die Bindung der Vergabe der Mittel aus dem Aufbaufonds an Klimakriterien sowie die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, so Macron.
Nun geht es um die Details
Der französische Staatspräsident geht "entschlossen" in die Verhandlungen, wie er nach einer Gipfelnacht, die in den frühen
Morgenstunden endete, sagte. Große Fortschritte sind ihm zufolge
bereits hinsichtlich der Funktionsweise des Fonds gemacht worden.
Das sensibelste Thema der letzten Tage seien dessen Gesamtvolumen und der Anteil der nicht-rückzahlbaren Zuschüsse gewesen.
Auch hier habe es Fortschritte gegeben, nun müsse man in die
Details gehen. Ein neuer Vorschlag müsse ein Kompromiss sein, "wo
sich jeder bewegt", aber der Ehrgeiz für eine große Politik der
Zukunft Europas bewahrt werde", sagte er und zählte die
Klimapolitik, die Digitalisierung und Maßnahmen für die Jugend auf.
Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
(CDU) tritt der EU-Gipfel nach drei Tagen und Nächten "Verhandlungsmarathon" nun in die "entscheidende Phase" ein. "Ich
habe den Eindruck, dass die Europäischen Staats- und Regierungschefs wirklich zu einer Einigung kommen wollen. Sie zeigen den klaren Willen, eine Lösung zu finden", sagte die Kommissionschefin und zeigte sich zuversichtlich für den heutigen Verhandlungstag. "Wir sind noch nicht am Ziel, aber die Dinge bewegen sich in die richtige Richtung", schloss von der Leyen ihr Statement.
Macron gegen Kurz
Die Staats- und Regierungschefs hatten sich nach tagelangem
Ringen dem Vernehmen nach auf die genaue Dotierung des
EU-Wiederaufbaufonds verständigt. Dieser soll nun zu 390 Milliarden
Euro aus Zuschüssen bestehen und zu 360 Milliarden Euro aus
Krediten. Damit wurde die zunächst von Deutschland und Frankreich
definierte rote Linie von 400 Milliarden Euro, die auch von allen
anderen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme von fünf Nettozahlern rund um
Österreich mitgetragen wurde, knapp unterschritten.
Die fünf "sparsamen" Staaten hatten den Gipfel am Samstagabend an
den Rand des Scheiterns gebracht, als sie ein Volumen von 350
Milliarden Euro als Zuschüsse als letztes Angebot formulierten und
damit vor allem Macron zur Weißglut brachten. Dieser griff Berichten
zufolge im Plenum auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) frontal an und nahm eine seiner Telefonpausen als Beleg dafür, dass er sich mehr für Pressearbeit interessiere als für die Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen.
Rutte hält Kompromiss für möglich
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hält einen Kompromiss auf dem europäischen Sondergipfel in Brüssel für möglich. Es seien deutliche Fortschritte gemacht worden, sagte Rutte am Montag in Brüssel. "Es sieht hoffnungsvoller aus, als heute Nacht, als ich dachte: Es ist vorbei." Nach den Worten des Niederländers gibt es in zahlreichen Streitpunkten Kompromissvorschläge.
"Ich bin sehr zufrieden über die Texte, die nun vorliegen." Dennoch warnte der Rechtsliberale vor zu großem Optimismus. "Es kann auch immer noch schief gehen."
Die Niederlande gehören mit Österreich, Dänemark und Schweden zu den sogenannten "Sparsamen Vier" - erweitert nun auch noch um Finnland. Diese Länder machen eine Zustimmung für Zuschüsse aus dem Corona-Aufbaufonds von sozialen und wirtschaftlichen Reformen der Empfängerländer abhängig. Diese müssten auch zwingend durchgesetzt werden können vom Europäischen Rat. Rutte sprach von einer "Super-Notbremse". Für die Niederlande ist diese Kontrolle die "unabdingbare Voraussetzung", um auch Wirtschaftshilfen in Form von Zuschüssen zuzustimmen.