Eigentlich sah alles nach einem sicheren Sieg aus – und dann das: Andrej Plenkovic durfte noch vor Kurzem hoffen, mit der Vorverlegung der Parlamentswahl auf den heutigen Sonntag die Lorbeeren für seinen entschlossenen Kampf gegen das Corona-Virus einfahren zu können. Nur rund 2200 gemeldete Corona-Infektionen verzeichnete Kroatien Mitte Mai, nicht einmal 100 Personen starben mit Covid-19.
Doch jetzt steigen die Infektionszahlen im Großraum Zagreb und im Osten des Landes wieder – und nicht wenige machen den Premier, der die konservative HDZ-Partei anführt, dafür mit verantwortlich: Viele Fälle gelten als importiert aus Nachbarländern mit höheren Zahlen. Die Regierung hatte die Einreisebestimmungen gelockert – Gegner werfen Plenkovic nun vor, damit auf die wahlberechtigten Kroaten aus Bosnien geschielt zu haben, die großteils als HDZ-treu gelten.
Auch, dass es Plenkovic ablehnte, sich in Quarantäne zu begeben, nachdem er den serbischen Tennisstar Novak Djokovic getroffen hatte, der sich mit dem Virus infiziert hatte, versetzte seiner Glaubwürdigkeit einen Schlag.
Kein Hasardeur
Das ist durchaus erstaunlich. Plenkovic gilt keineswegs als Hasardeur. Der studierte Jurist hat eher mit seinem Image als seriöser und nicht unbedingt bürgernaher Politiker zu kämpfen. Den EU-Vorsitz im vorigen Halbjahr brachte der 50-Jährige, der den EU-Beitritt Kroatiens mitverhandelt hatte, erfolgreich hinter sich. Politisch waren für ihn die Zeiten schon ohne Corona nicht die einfachsten. Plenkovic hatte versucht, die HDZ aus dem nationalistischen Eck heraus und in die Mitte zu führen, geriet dabei aber unter Druck der rechten Hardliner. Einige unterstützen nun das ultra-nationalistische Wahlbündnis um den Volksmusiker Miroslav Skoro.
Zugleich musste sich die HDZ bei der Präsidentschaftswahl im Jänner dem sozialdemokratischen Kandidaten Milanovic geschlagen geben. Plenkovic muss heute hoffen, dass die Kroaten in Zeiten der Krise doch auf Kontinuität setzen.