Bei der Endrunde der Kommunalwahlen in Frankreich haben Grüne und ihre Verbündeten beispiellose Erfolge errungen. In Städten wie Lyon, Straßburg und Besançon stehe ein Machtwechsel an, berichtete der TV-Sender France 2 am Sonntagabend. Die Grünen triumphierten nach Hochrechnungen auch in Marseille und Bordeaux. Die Sprecherin von Europe Écologie - Les Verts, Eva Sas, sprach von einer "grünen Welle".
Bisher ist Grenoble die einzige große Stadt mit einem grünen Bürgermeister. Auch Präsident Emmanuel Macron sprach nach Angaben seines Büros von einer "grünen Welle" in Frankreich. Als Konsequenz wird eine Kabinettsumbildung erwartet. Macron äußerte sich zudem "besorgt über die geringe Beteiligung".
Die Stichwahlen betrafen fast 5.000 Gemeinden, darunter waren die größten Städte des Landes. Aufgerufen waren gut 16 Millionen Wählerinnen und Wähler - das entspricht etwa einem Drittel der Wahlberechtigten.
Historisch niedrige Wahlbeteiligung
Überschattet waren die Stichwahlen von einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von rund 40 Prozent. Mehrere Spitzenpolitiker, unter ihnen die Rechtspopulistin Marine Le Pen vom Rassemblement National (RN), äußerten sich besorgt darüber. Noch vor sechs Jahren war die Beteiligung noch bei gut 62 Prozent gelegen. Die Stichwahlen waren eigentlich für Ende März geplant, mussten aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. In den Wahllokalen galt Maskenpflicht.
In Paris lagen die sozialistische Amtsinhaberin Anne Hidalgo und ihre Verbündeten aus dem linken Lager weit vor ihrer konservativen Herausforderin Rachida Dati. Macrons Kandidatin, die frühere Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, hatte dort keine Chance. Die Hauptstadt hat in Frankreich eine besondere Symbolkraft. Paris plant 2024 die Olympischen Spiele.
Die Rechtsaußenpartei RN hielt einige Bastionen im Norden und Süden des Landes. Der bekannte RN-Politiker Louis Aliot, Ex-Lebensgefährte von Marine Le Pen, setzte sich laut France 2 in der Stichwahl in Perpignan durch.
Das Lager von Macron steckte ein schwere Niederlage ein. Die Präsidentenpartei La République en Marche (LREM) scheiterte mit ihrem ursprünglichen Vorhaben, die Hauptstadt zu erobern und in anderen Städten für Überraschung zu sorgen. Eine Regierungssprecherin räumte am Sonntag "enttäuschende Ergebnisse" ein. Premierminister Édouard Philippe (49) entschied allerdings in der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre mit rund 59 Prozent die Wahl für sich. "In Le Havre sind die Ergebnisse deutlich", resümierte Philippe.
Noch vor drei Jahren hatte die junge Präsidentenpartei aus dem Stand die Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung errungen. Macron und seine Frau Brigitte wählten im nordfranzösischen Seebad Le Touquet, wie TV-Bilder zeigten. Nach den Wahlen will der 42-Jährige über seinen politischen Kurs nach der Coronavirus-Pandemie entscheiden, die Frankreich mit rund 30.000 Toten hart traf.
Seit Wochen wird darüber spekuliert, ob Macron seinen von der bürgerlichen Rechten stammenden Premierminister bei der erwarteten Regierungsumbildung behält oder nicht. Philippe profilierte sich während der Pandemie als Krisenmanager und ist nach Umfragen deutlich beliebter als der Präsident.
Macron setzt unterdessen auf die große Politik - am Freitag konferierte er per Videoschaltung mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, am Montag wird er bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Meseberg erwartet.